Weihnachten und Bergbau. Nirgendwo sind zwei Traditionen so eng miteinander verknüpft wie im Erzgebirge. Und nirgendwo wird diese Kombination intensiver ausgelebt als in Seiffen. Über allem schwebt dort…
…der Schwibbogen als Symbol des Bergwerks. Das Standardmotiv zeigt rechts neben den zwei Bergleuten die Klöppelfrau, ein traditionelles Handwerk, das meine Mama sich als erwachsene Frau angeeignet hat. Auf dem Klöppelsack entstand mit vielen Klöppeln und Fäden und mit viel Geduld so manches kleine Tischdeckchen. Links ist ein Schnitzer abgebildet. Der Bogen symbolisiert das Mundloch, den Eingang des Stollens, in dem die Bergarbeiter zu Schichtbeginn verschwanden und in dem sie nach Silber und anderen Erzen suchten. Auch der beliebte Weihnachtsstollen hat seinen Namen aus dem gleichen Grund. In Seiffen hat man sich voll und ganz der Tradition und den Touristen verschrieben. Großzügige Parkplätze lassen vermuten, was in Hochzeiten in Seiffen los ist. Die Bergkirche…
…in Seiffen ist eines der wichtigsten Motive für jede Art von Holzprodukten. Der Pfarrer war bei unserem Besuch gut drauf. Er ist gleichzeitig der Organist und erzählte mir mit einem Augenzwinkern, dass seine Kirche Ähnlichkeiten mit der Dresdner Frauenkirche habe. Video hier. In Seiffen reiht sich dann…
Geschäft…
an Geschäft, wobei…
…sich die Schwibbögen zu wahren 3D-Kunstwerken entwickelt haben…
…unterstützt durch LED-Technik und…
…den tollsten Ideen…
…mit Preisen, die manchmal die 4.000 Euro übertreffen, während die klassischen…
…Nussknacker ein wenig in den Hintergrund getreten sind. Man muss sagen, dass die angebotenen Kunstwerke kaum kitschig wirken. Man kann sich des Glanzes der angebotenen Produkte nicht ganz entziehen…
…wobei ich aber monieren muss, dass ich den Wechsel von Pyramidenkerzen…
…zu Teelichtern für Stilbruch halte. Das gab es in meiner Kindheit nicht. Dafür gab es früher echte Weihnachtsmärkte. Und heute? Nur noch vereinzelte Stände.
Dorfchemnitz – der Ort, wo knapp die Hälfte der Wähler die AfD wählen
Auf der Rückfahrt von Seiffen kommt man durch Dorfchemnitz, einer AfD-Hochburg. Schauen wir ein wenig genauer hin. Zuerst die Dorfchemnitzer Statistik zur Bundestagswahl, dann der Versuch einer Erklärung:
- Wahlberechtigte: 729
- abgegebene Stimmen: 459
- gültige Stimmen: 448
- AfD-Stimmen: 252 (56,25%)
Zunächst ist das ein unglaublicher Stimmenanteil. Erreicht wurde er durch Carolin Bachmann, die aus Dorfchemnitz stammt, beziehungsweise dort aufgewachsen ist. Logisch bekommt man aus seinem eigenen Heimatort ordentlichen Rückenwind. Wenn man weiterhin liest, dass sie ihre Aktivtäten für die AfD beruflich in Bedrängnis brachten, wodurch sie 2019 ihren Job in Freiberg aufgeben musste, dann musste das ja gradezu zu der jetzt-wählen-wir-sie-erst-recht-Reaktion führen. Ich wiederhole gebetsmühlenartig, dass Ausgrenzung und Stigmatisierung insbesondere von AfD-Kommunalpolitikern auf allen politischen Ebenen mit Auswirkung bis in die Arbeitsverhältnisse hinein der falsche Weg sind. Damit bringt man keinen AfD-Anhänger dazu, die AfD nicht mehr zu wählen. Damit bringt man auch keinen AfD-Politiker dazu, seine Positionen aufzugeben.
Im Gegenteil: Die Fronten verhärten sich. Die Spaltung nimmt ihren Lauf. Politische Inhalte interessieren fast nicht mehr. Den AfD-Anhängern geht es nur darum, die ausgemachten Ungerechtigkeiten in unserer Gesellschaft an der Wahlurne durch Abwahl der Altparteien zu bestrafen. Zu diesen Altparteien gehören auch die Grünen, die in Dorfchemnitz – von 729 möglichen – ganze zwei Stimmen bekamen. Die Frage, wie man aus solchen Wahlergebnissen den Anspruch ableitet, einen Um- und Aufbruch und eine Transformation für das ganze Land abzuleiten, hatte ich schon einmal gestellt. Dorfchemnitz wird bei diesen Plänen wohl eher das gallische Dorf bleiben.
Discover more from Michael Behrens
Subscribe to get the latest posts sent to your email.