Sonntag, 05. März 2022, Politik: Gedanken zum Tag

Eine innere Stimme meinte heute zu mir: Michael, die Sonne scheint, der Himmel ist blau, du fühlst dich einigermaßen gut, also rein in die Jogging-Klamotten und losjoggen. Ich antwortete meiner inneren Stimme. Hast recht. Ich habe immer gesagt, dass sich der Alterungsprozess beschleunigt, wenn ich die Fähigkeit verloren habe, joggen zu gehen. Und wie ich dann so unterwegs bin und mich auf dem Feld acht Rehlein – geringfügig schneller als ich – überholten, dachte ich mir: Die Welt ist schön. Warum kann das nicht einfach so bleiben?

Ich fühlte mich beim Laufen überraschend gut und konnte tatsächlich meinen großväterlichen Watschelschritt etwas beschleunigen. Ich habe es selber nicht glauben können, denn das letzte Mal war ich im Oktober joggen, in Portugal. Und wie ich mich so über mich selbst wundere, und schließlich sensationell eine Zeit unter einer Stunde anpeilte, sprach die innere Stimme zu mir. Michael, das liegt vielleicht daran, dass du drei Kilo weniger auf die Waage bringst als gewöhnlich. Ach was, antwortete ich, da gibt es einen Zusammenhang? Überraschung.

Um 1203 gingen dann – wie jeden Samstag – überall die Sirenen an und ich war froh, dass ich im Moment grade in Deutschland jogge. Denn in der Ukraine hätte ich mir jetzt schnellstens ein Erdloch suchen müssen. Während die Nato die direkte Konfrontation mit Russland weiterhin ausschließt, und damit die Ukraine faktisch aufgibt, haben wir gestern 300 Euro für die Ukraine gespendet. 200 Euro als Bargeld und 100 Euro beim Globus in Form von benötigten Waren. Erst gekauft, dann sofort abgegeben.

Wer wissen möchte, wie es jetzt militärisch weiter geht, darf die Geschichtsbücher aufschlagen und ins Jahr 1939 zurückblättern. Hitler marschierte vom Westen aus in Polen ein, wenig später die Russen aus dem Osten (dieser Fakt wird in der geschichtlichen Bewertung oft übersehen). Es war ein abgekartetes Spiel zwischen Hitler und Stalin. Was war der Auslöser, warum Deutschland dann doch noch die eigentlich Verbündeten Russen überfiel? Ganz einfach. Man fühlte sich militärisch überlegen. Was sehen wir heute? Russland marschiert von Osten in die Ukraine ein, Belarus von Norden. Geschichte wiederholt sich offensichtlich. Putin fühlt sich mit 6.500 einsatzbereiten Atomsprengköpfen überlegen. Wenn sich militärische Überlegenheit mit individuellem Wahnsinn vermischt, dann wird es Krieg geben. Wir müssen uns da keinen Illusionen hingeben.

Die Ukraine als Nicht-Nato-Land unsererseits nicht wirklich zu unterstützen, um eine direkte Konfrontation zwischen Nato und Russland zu vermeiden, ist eine direkte Einladung an Putin, sich die weiteren Nicht-Nato-Länder anzuschauen. Sein Blick richtet sich auf Moldawien und Georgien. Jetzt könnten wir erneut sagen: Nicht unser Problem. Aber schon fallen in Putins Reden Nebensätze, die auf Finnland und Schweden abzielen. Heute am Frühstückstisch beerdigten wir deshalb die Idee, Gotland in unseren geplanten Schweden-Urlaub mit einzubeziehen. Gotland ist für das Beherrschen der Ostsee wichtig. Putin wird eine Begründung finden, warum Gotland eigentlich schon immer zu Russland gehört. Wir dürfen uns nicht auf die Position zurückziehen, Putin wird schon irgendwann genug haben und einhalten. Das wird er nicht. Wenn ich Finnland und Schweden einen Tipp geben darf: Eilbeschluss anstreben und sofort in die Nato eintreten. Das Gegenargument, damit provoziere man Putin weiter, ist nutzlos. Die Logik aller Pazifisten, Frieden zu schaffen ohne Waffen, hat totalen Schiffbruch erlitten. Gegen Putin müssen wir uns bis an die Zähne bewaffnen. Alle unmissverständlichen Signale Putins, seitdem er seit 2000 im Amt ist, zu Gunsten einer unverbrüchlichen Wirtschaftspolitik zu ignorieren – das ist das große Versagen der westlichen Politiker.


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