Diese Fokus-Meldung huschte heute Vormittag über meinen Bildschirm. Was? Scholz fällt was ein? Kann doch gar nicht sein. Aber erst am Abend hatte ich Zeit, mir die Sache genauer anzuschauen. Was war geschehen? Es ging bei der EU in Brüssel um die Beitrittsverhandlungen der Ukraine. Auch nach langen Diskussionen konnte man den ungarischen Präsidenten Viktor Orbán nicht überzeugen, den Verhandlungen zuzustimmen. Und jetzt kam Klempner Scholz auf die Idee, dem Ungarn vorzuschlagen, er solle doch mal schnell aus dem Verhandlungsraum herausgehen, vielleicht aufs Klo oder zum Kaffeetrinken. In der Zwischenzeit könnten die anderen dann einstimmig abstimmen. Gesagt, getan. Orbán lachte sich draußen ins Fäustchen, während man drinnen einstimmig für die Eröffnung der Beitrittsverhandlungen stimmte. Es war ein Stück aus dem Lehrbuch, wie man bei Abstimmungen die gewünschten Ergebnisse erzielen kann, bzw. wie man als Kritiker sein Gesicht wahren kann. Indem man einfach wegschaut. So funktioniert europäische Demokratie. Eine einzige Lachnummer ist das.
Was ich als dämliche Klempnerschläue bezeichne, wird von der SZ als was bezeichnet? Als eleganten diplomatischen Kniff. Dazu hätte Scholz das Sakko aus- und den Pullover angezogen. Er sei jetzt der Orbán-Versteher, der einen Merkel-Moment gehabt hätte, den ihm niemand zutraute. Der ganze SZ-Artikel liest sich wie eine Lobeshymne an Scholz, der offensichtlich vom „Totalausfall“ unverhofft zum erfolgreichen EU-Politiker mutiert ist? Nicht ganz. Die Sache stinkt gewaltig. Erst wird Orbán mit der Freigabe von zehn Milliarden Euro für sein Land geködert. Dann stimmt er zum Dank nicht etwa für die Beitrittsverhandlungen, sondern schaut sich wahrscheinlich das Spektakel in der Lobby an einem Bildschirm an. Dann geht er wieder rein und stemmt sich zum Dank für die weihnachtliche Geldschwemme prompt gegen die finanziellen Hilfen der EU für die Ukraine in ihrem Verteidigungskrieg gegen Russland. Warum ging Orbán bei dieser Abstimmung nicht auch nach draußen? Ganz einfach: Weil Bauernschläue, Lug und Betrug nicht mehrmals funktionieren und Dummheit nicht gewinnen kann. Ich bin enttäuscht von der SZ, die für diesen Spuk keine klaren Worte findet und gespannt, wie die Tagesschau dieses Desaster verpackt.
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