Wenn man der heute neu gegründeten Partei (BSW) von Sahra Wagenknecht 12% an Wählerstimmen zutraut, ist das die eine Sache. Die andere Überraschung des Tages ist, dass auf WELT jemand der Meinung war, ein Teil dieser Stimmen könnte von der AfD kommen. Jetzt müsste ich fast zu meinem Standard-Statement zurückkommen: Links und Rechts gesellt sich gern. In meinen Augen gilt das aber für die radikale Linke und die radikal Rechte, wo die Verbrüderung nicht mehr lange auf sich warten lässt. Dass aber eine gemäßigte Linke wie Wagenknecht und eine Alice Weidel, von der mir keine rechten Parolen bekannt sind, zusammenkommen, halte ich für eher unwahrscheinlich. Beides sind Alpha-Tiere.
Jedenfalls sprach ein Interviewpartner auf WELT tatsächlich von Berührungspunkten. Für Sachsen war ich vor kurzem noch zu dem Schluss gekommen, dass eigentlich keiner mit keinem kann. Könnten diese zwei Parteien die Mehrheit der Sitze erringen? Das wird spannend. Frau Wagenknecht ist mir deshalb durchaus sympathisch, weil sie kein Blabla daherredet und bei vielen Themen durchaus pragmatische Argumente vorbringt. Ausnahme: Ihr Sozialumverteilungsgeschwafel.
Die Wut auf die Alt-Parteien könnte der BSW helfen, weil die frustrierten Wähler in den ostdeutschen Bundesländern alles wählen, was wählbar erscheint, wenn es nur keine Altparteien sind. Deshalb sehe ich auch bei der Werte-Union, als Abspaltungspartei der CDU ein gewisses Potenzial. Sollte die WU ebenfalls in Sachsen antreten und die 5%-Hürde überspringen, dann würde es definitiv zu einer Dreierkoalition reichen. Und wenn die dann – mangels eigenem kompetenten Personal – so schlau sind, den Amtsinhaber Michael Kretschmer als MP wiederzuwählen, wäre die Akzeptanz parteiübergreifend. Diese Lösung könnte ich mir für Sachsen vorstellen, die Chancen sind aber eher gering. Genauso gering wie die Chancen der SPD und der Grünen, in Sachsen nach der Wahl noch irgendeine Rolle zu spielen.
Auf jeden Fall wird das Parteienspektrum größer. Die großen Parteien wie SPD und CDU/CSU sollte sich nicht zu sicher sein, dass die neuen Parteien einfach kommen und gehen, wie früher die Schillpartei, die Grauen Panther, oder die Republikaner. Diese Parteien kamen in Zeiten des Wohlstandes, als die Deutschen keinerlei Veränderungsdruck spürten. Aber wie sagte schon der alte CDU-Wirtschaftsminister Ludwig Erhardt: Der Deutsche entfaltet in der Stunde der Not höchste Tugenden. Die Frage bleibt, ob er im gleichen Maße den Stunden des Glücks gewachsen ist. Interessante Fragestellung. Meine Antwort ist: Nein. Warten wir einfach auf die nächste Sonntagsumfrage, dann sind wir schlauer.
Ich habe heute bei den Nachrichten genau hingeschaut. Mich interessierte, ob ich den Alt-Linken Klaus Ernst sehe. War aber nicht der Fall. Er gehört für mich nicht zum Personal, mit dem man eine neue Partei gründen sollte.
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