Freitag, 12. Januar 2024, Rechtes Geheimtreffen nahe Potsdam.

Ich hatte bis jetzt keine Lust, mir dazu irgendeinen Artikel im Netz durchzulesen. Der Pulverdampf muss sich erst verziehen, bevor man klare Sicht hat. Den verwendeten Begrifflichkeiten konnte ich mich aber nur schlecht entziehen. Aus dem Augenwinkel bekommt man ja doch mit, um was es geht. Rechtsextremisten, Neonazis, Unternehmer, hochrangige AfD-Vertreter, Vertreibung, Identitäre, Umfeldorganisationen, Werte-Union, Blut-und-Boden-Nazis, Geheimplan gegen Deutschland, Umsturzphantasien, Wannseekonferenz, Remigration. Was? Remigration? Ist der Begriff jetzt rechtsextremistisch angehaucht? Ich musste gleich prüfen, ob ich diesen Begriff schon einmal auf meiner Seite benutzt habe. Zum Glück nur als Zitat. Aber selbst Bundeskanzler Scholz hatte im Oktober im Spiegel davon gesprochen, im großen Stil abschieben zu wollen. Ist der verkürzte Begriff dafür dann nicht zumindest so etwas ähnliches wie Remigration?

Bei der eigenen Meinungsbildung gibt es für mich folgenden Grundsatz: Informationen hole ich mir entweder direkt aus der Quelle oder von ganz weit entfernt. Die Quelle ist correctiv.org. Auf wikipedia wird aufgezeigt, dass Spenden und jede Menge Stiftungen für die Finanzierung sorgen. Von Stiftungen halte ich nichts. Es hat aber jetzt auch wenig Sinn zu checken, wer alles hinter den Stiftungen steckt, um die wahren Finanzierer herauszufinden. Correctiv selbst bezeichnet sich als gemeinwohlorientiertes Medienhaus, das für die Gesellschaft recherchiert. Im besagten Beitrag – überschrieben mit „Geheimplan gegen Deutschland“ – fällt auf, dass nicht nur Rechercheergebnisse publiziert werden, sondern diese auch kommentiert werden. Ansonsten las ich den Beitrag völlig emotionslos, rein mit der technisch-formalen Brille. Wie war der Bericht strukturiert? Wer kommt zu Wort? Was sind die Fakten, was sind Interpretationen.

Dann überlegte ich, in welchem weit entfernten Online-Print-Medium ich die beste Kolumne dazu finden könnte. Eine sächsische Zeitung fiel mir gerade nicht ein. Die SPD hat in Sachsen durch Übernahmeaktionen indirekt ihre Medien-Landschaft vergrößert. Ich schaute ins Nachbarland, zur NZZ (Neue Züricher Zeitung). Auch diesen Artikel las ich mir durch. Interessant: Die Schweizer benutzen das Wort „Ausschaffung“ statt Abschiebung. Nach dem Lesen ließ ich beides „sacken“ und komme zu folgenden Fragestellungen:

Wenn das Treffen Mitte November stattfand, warum erfolgte die Veröffentlichung gerade am 10. Januar? Was berechtigt correctiv, zu glauben, dass uns so ein Geheimtreffen erst im Januar interessiert und nicht schon Ende November? Ab wann ist ein Geheimtreffen ein Geheimtreffen? Nur mal – rein fiktiv – angenommen, ich würde mich als Blogger – ohne die Öffentlichkeit vorher zu informieren – mit einem Neumarkter Stadtrat zum Frühstücken treffen, um bei einer guten Tasse Tee lokalpolitische und gesellschaftliche Themen zu erörtern – könnte man das dann als Geheimtreffen interpretieren?

Würde man die Organisatoren des Treffens fragen, ob man über einen Geheimplan gegen Deutschland gesprochen hätte, würden sie vermutlich vehement widersprechen und von einem Geheimplan für Deutschland sprechen. So unterschiedlich kann die Betrachtungsweise sein. Letzte Frage: Was hatte Greenpeace in dieser Angelegenheit für ein Recherche-Interesse? Das Wort ‚Umwelt‘ kommt in der Berichterstattung nicht vor.

Der ehemalige Bundespräsident Wolfgang Thierse hat es im Tagesspiegel richtig zusammengefasst, als er ausführte, dass das „Damoklesschwert eines Verbotes über der AfD hängen bleiben sollte.“ Ich bleibe dabei: Eine Partei, die bei Umfragen bis zu 37% erzielt, kann man nicht verbieten. Wenn doch, würde es im Osten Deutschland zu einem Wahlboykott kommen und die Wahlbeteiligung bei den nächsten drei Landtagswahlen ein Rekordtief erreichen. Wer die AfD loswerden will, muss im Bund und den Ländern durchdachte Politik machen.

AfD-Chefin Alice Weidel war eigentlich bemüht, den rechten Mief loszuwerden, um wählbar zu bleiben – so war mein Eindruck. Hat diesmal nicht geklappt. Innerlich dürfte sie ob des Treffens einen Tobsuchtsanfall bekommen haben. Nach außen muss sie eine Erklärung finden. Es kann nur auf Distanzierung hinauslaufen, aber das ist halt auch nicht wirklich glaubwürdig. Die Sache ist für sie definitiv ein Rückschlag.


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