Bei solchen Geschichten muss man damit rechnen, dass es jähe Wendungen gibt, weshalb es ratsam ist, nicht gleich der Erste zu sein, der die Meldung im Netz „raushaut“. Und mit Kommentaren sollte man sich gedulden, auch wenn es beträchtlich in den Fingern juckt. Aber jetzt, wo Frau Alexandra Föderl-Schmid als gesichert lebend betrachtet werden kann, können wir die Sache mit etwas Abstand beleuchten. Los ging die Geschichte damit, dass besagte stellvertretende SZ-Chefredakteurin der AfD-Vorsitzenden Alice Weigel einen Plagiatsskandal bezüglich ihrer Doktorarbeit anhängen wollte. Die Universität Bayreuth prüfte den Sachverhalt und stellte das Plagiatsprüfungsverfahren ein. Zitierfehler habe es wohl gegeben, ansonsten sah man aber kein Fehlverhalten.
Weil auf jede Aktion eine Reaktion erfolgt, beauftragte NIUS – eine Plattform, die von dem auf den sozialen Plattformen allgegenwärtigen Julian Reichelt geleitet wird – ihrerseits den bekannten österreichischen Plagiatsjäger Stefan Weber damit, sich doch einmal die Doktorarbeit unserer Frau Föderl-Schmid genauer anzuschauen. Derart mit ihrer Vergangenheit konfrontiert, ließ die Vize-Chefin ihr Tagesgeschäft abrupt ruhen. Einmal angespornt vom Erfolg schickte sich Weber an, gleich noch weitere Tausende Artikel von Föderl-Schmid zu überprüfen. Wieder Treffer und dazu eine vernichtende Mail von Weber an die SZ-Spitze. Tit for tat – würde der Engländer sagen.
Offensichtlich sind wir in einer Gesellschaft angekommen, in der jeder gegen jeden kämpft und jeder sein persönliches As im Ärmel hat. Und wer zwei Asse hat, der sitzt am längeren Hebel. Notfalls tut es ein Vergewaltigungsvorwurf, der aus dem Nichts kommt und seine Wirkung niemals verfehlt. So widerfuhr es jetzt Yascha Mounk, einem der fünf Herausgeber der ‚Zeit‘. Was dabei herauskommt, sah man am Fall Kachelmann. Nichts. Aber der Ruf ist nachhaltig ruiniert. Bei Mounk hyperventilieren die systemkritischen Kanäle im Netz. Der Chef der linken ‚Zeit‘ würde nun von seiner eigenen links-ideologischen Babbel vernichtet. Und die bestünde nun mal aus Vorurteilen und Vorverurteilung. Die Vergewaltigung soll 2021 stattgefunden haben. Es drängt sich der Verdacht auf, dass hier jemand jemandem eine Sache ‚reinwürgen‘ will.
Wenn man sich den NIUS-Artikel mit den Plagiatsbeispielen von Föderl-Schmid anschaut, dann geht die Abschreiberei tatsächlich etwas zu weit. Um Ähnliches zu vermeiden, gebe ich den Link an, wenn ich auf irgendeiner Plattform ein interessantes Thema sehe. So viel Höflichkeit darf schon sein. Sätze einfach herauskopieren und selbst verwenden, kommt nicht in Frage. Wo wäre da der Spaß? Oder verschwindet der Spaß ganz automatisch, wenn man mit seinen Publikationen Geld verdienen muss? Das wäre kontraproduktiv.
Die Österreicherin Föderl-Schmid hat die Geschichte scheinbar komplett aus der Bahn geworfen: Karriere kaputt, Abschiedsbrief im verlassenen Auto. Dann unterkühlt in Braunau unter einer Innbrücke gefunden. Man fragt sich, ob es keine Familie gibt, die sie in so einer Situation auffängt. Ehemann, Ex, Kinder, Freunde, Kollegen, alles Fehlanzeige? Alle Preise wie Kurt-Vorhofer-Preis für Politikjournalismus (2012), Österreichischer Verfassungspreis (2017), Ari-Rath-Preis für kritischen Journalismus (2018) und Goldene Medienlöwin (2023) – alles Makulatur. Im Krankenhaus kann sie jetzt zur Decke hochschauen und sieht da oben einen Scherbenhaufen kleben.
Offensichtlich wird es in den oberen Positionen sehr, sehr einsam. Da mache ich mich lieber in meinem Kellerverlies hier in Neumarkt-Sankt Veit rar. Sollte Ungemach drohen, setze ich mich bestimmt nicht zum Frieren und Sterben unter die Rottbrücke. Da rufe ich einen befreundeten Sozialpädagogen an, der in fünf Minuten da ist.
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