Donnerstag, 04. Juli 2024, Politik: Baerbocks 180km-Flug

Die Schimpfkanonaden über die links-grüne Bundespolitik beschränken sich mittlerweile nicht mehr auf Twitter, wo Nutzer ihre Identität hinter kryptischen Namen verbergen. Jetzt schwappt der Ärger auch auf seriöse Plattformen wie LinkedIn über. Gedacht ist das Netzwerk eigentlich dafür, businessorientierte Menschen zu vernetzwerken. Wenn aber Reitschuster loslegt, dann gibt es auch auf dieser Plattform kein Halten mehr und der Ärger bekommt ein neues Ventil. Auch sprachlich unterscheiden sich die Kommentare auf LinkedIn kaum noch von der teilweise doch recht verrohten Ausdrucksweise auf Twitter. Es gibt eigentlich nur noch die Ampel-Hasser und die, die ihrem Alltag nachgehen und schweigen. Befürworter finden sich im Netz wenig.

Ich würde jetzt der Baerbock gerne zur Seite springen und sie irgendwie verteidigen. Aber ich kann nicht. Es fehlt ihr das menschliche Gespür dafür, was sie anrichtet, wenn sie sich wegen der 180km-Strecke von Frankfurt nach Luxemburg in den Flieger setzt. In Frankfurt hatte sie sich das Fußballspiel Deutschland gegen die Schweiz angeschaut. Schon zu diesem – aus meiner Sicht privaten – Termin war sie mit dem Regierungsflieger angereist. Scholz war übrigens auch da. Für ihn fliegt immer auch gleich eine Hot-Spare-Ersatzmaschine mit. Ein Wahnsinn an sich.

Scholz wie auch Baerbock ignorierten das Frankfurter Nachtflugverbot. Ihre Maschinen hoben beide nach 2300 ab. Logisch, dass das Netz – angetrieben von BILD – tobt. Dekadenz, Doppelzüngigkeit. Der Spiegel verteidigt Baerbock. Nach ihrem Termin in Luxemburg hätte sie die Hot-Spare-Maschine des Bundeskanzlers am nächsten Tag sowieso gebraucht, weil sie weiter nach Israel fliegen wollte. Falsche Logik. Baerbock kann ihren Terminplan durchaus so gestalten, dass sie wenigsten ab und an Linienflüge nimmt. Das wäre Opium für das aufgebrachte Volk. Sie hat eh keinen guten Stand. Die Kritik an ihr reißt nicht nur nicht ab – sie wird ständig größer.

Nachtflugverbot? Nicht für Regierungsmaschinen.

Insgesamt finde ich die Diskussion um einen 180km-Flug aber die Sache nicht wert. Kümmern wir uns doch lieber um den 7.300km-Flug von Wirtschaftsminister Habeck nach China. Ich hatte schon angedeutet, dass mich auf Grund der von der EU angekündigten Strafzölle gegen chinesische Autohersteller die Ergebnisse seiner Reise brennend interessieren. Und wieder wurde ich beim Spiegel fündig, der mit der Überschrift „Harte Gespräche, spätes Bier“ mein Interesse weckt.

Im Teaser heißt es dann: „Wie Habeck in China sehr lange, letztlich erfolgreiche Tage hatte.“ Genau das habe ich gesucht. Konkrete Ergebnisse seiner China-Reise. Ich hatte in einem vorherigen Blog bezweifelt, dass es überhaupt Ergebnisse geben kann, und schon gleich gar nicht bei den Strafzöllen. Also war ich sehr gespannt, womit der Spiegel die „erfolgreichen Tage“ begründet. Denn NZZ hatte berichtet, dass Habeck die China-Reise beinahe abgesagt hätte, weil sich kein Minister fand, der mit ihm sprechen wollte. Nur deshalb wäre Habeck zunächst nach Korea geflogen. Das gab seinem Team Zeit, die Reisepläne umzustellen. Wie grotesk.

Jetzt aber zum Spiegel-Artikel. Wir sind ganz heiß darauf zu erfahren, wie erfolgreich Habeck in China war. Der ganze Artikel erweist sich unter diesem Aspekt jedoch als Posse. Update der China-Strategie, De-Risking, Denkräume, Diskursräume, Ahnungsraum, Tacheles und zur Krönung: Hausmeister Habeck holt den Schlüsselbund raus, Pandas würden nicht gestreichelt.

Der Spiegel versucht die Tatsache, dass es über diesen Besuch nichts Konkretes zu berichten gibt, ironisch zu verarbeiten und spricht vom „blütenweißen Hemd“ und dem „späten Bier“. Wenn der Spiegel mit diesen Begrifflichkeiten versucht, die fällige Kritik an der Reise eloquent anzudeuten, dann ist das nicht gelungen.

Die Lesezeit von sechs Minuten für diesen Spiegelartikel waren verschwendete Lebenszeit. Den gleichen nichtssagenden Artikel hätte ich mit ChatGPT in dreißig Sekunden erstellt.


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