Das Haus verliert nichts. Struktur ist alles. Und: Es gibt kein Vergessen. Die FDP-Bundestagsabgeordnete war vom „blick“ (eine lokale Zeitung, die wöchentlich erscheint) bezüglich der Zustellförderung von Presserzeugnissen am 20.07.2022 wie folgt erwähnt worden:
Nachdem die Absicht der Förderung auch im Koalitionsvertrag steht, dürfte es nach Ansicht von Sandra Bubendorfer-Licht nur mehr eine Sache von kurzer Dauer sein, bis auch die Bundesregierung der Zeitungsförderung für Presseprodukte zustimmt.
Das war genau vor zwei Jahren. Was ich davon hielt und halte, hatte ich daraufhin am 06. August 2022 in meinem Blog geschrieben (siehe hier gleich den nächsten Beitrag). Danach hieß es: Zurücklehnen und zwei Jahre entspannt warten, ob und was nach ihrer Ankündigung („Sache von kurzer Dauer“) passiert. Passiert ist nichts, bis heute. Gegen Mittag huschte die SZ-Meldung über den Bildschirm. Das Warten hatte ein Ende.
Was für eine Blamage für die Ampel, die die Förderung des Zustellnetzes für Presserzeugnisse als Absichtserklärung in den Koalitionsvertrag geschrieben hatte. Claudia Roth hätte die finanzielle Förderung sicherlich sehr gern durchgesetzt. Denn wer fördert, darf auch in seinem Sinne fordern.
Koalitionsvertrag ist nichts wert.
Die FDPlerin Bubendorfer-Licht steht jetzt vor der ovb-Mediengruppe mit leeren Händen da. Mal schauen, ob und wie der ovb und der blick ihrer Enttäuschung über sie Ausdruck verleihen.
Herr Stawiarski könnte sich äußern. Er hatte damals von ‚demokratischer Meinungsbildung‘, vom „Demokratieverstärker‘ und von ‚demokratierelevanter Infrastrukturförderung‘ gesprochen und die ganze Klaviatur der Demokratie-Anhimmelung gespielt. Alles für die Tonne. Weil seiner Meinung nach „die systemrelevante Infrastruktur auf Dauer zukünftig nicht aufrechterhalten werden kann“, wäre es jetz relativ fair von ihm, uns zu sagen, wann Schluss ist. Ich möchte nicht schon wieder zwei Jahre warten müssen, um mich zu amüsieren.
06.08.2022, Presse: Forderung nach Förderung der „Zustell-Infrastruktur“
Nach den Brauereien positioniert sich in Sachen „Förderung“ die nächste Branche und fordert mit dem Argument der „Systemrelevanz“ Geld von der Bundesregierung: Die Presse-Verlage. Im Beitrag des „Blick“ vom 20.07.2022 waren sich die FDP-Bundestagsabgeordnete Sandra Bubendorfer-Licht und der Geschäftsführer der OVB-Media-Gruppe Bernd Stawiarski einig wie nie, dass der Griff in Deutschlands Steuerkasse selbstverständlich und mehr als gerechtfertigt sei, wenn es um die Aufrechterhaltung des Zustellnetzes geht.
Wir sprechen im Zeitalter der Digitalisierung von diesen antiquierten Prozeduren, wo sich Menschen für wenig Geld früh um 4.00 Uhr auf die Suche nach Briefkästen von Abonnenten machen, die zum Frühstück immer noch die analoge Papierzeitung aufschlagen möchten. 24 Stunden später liegt die nächste Zeitung im Briefkasten und das vor 24 Stunden bezogene Produkt wandert mit einer schwungvollen Bewegung nachhaltig in die blaue Tonne. Produktnutzungszeit: 1 Stunde, mit anschließender Entsorgung. Das finden Presseverlage und Politiker super. Letztere möchten jetzt mit Freude noch mehr Geld in dieses System pumpen. Deutschlands Spitzenplatz beim Import und Export von Papier muss schließlich verteidigt werden. Auch beim Verbrauch von Papier liegt Deutschland mit 227kg pro Kopf (2019) beinahe unübertroffen weit vorn.
Deutschland ist beim Prokopfverbrauch von Papier beinahe unübertroffen.
Die Begründungen für die Forderung nach Förderung sind natürlich stichhaltig. Die Presseverlage geben den Politikern gleich die richtigen Argumente mit auf den Weg, wenn sie davon sprechen, dass die Kostenentlastung ein „Demokratieverstärker“ sein könne. Möglichkeiten bei der Entlastung seien direkte Förderungen und/oder die Senkung der Mehrwertsteuer. Sieben Prozent ist aber auch eine wahnsinnige Belastung. Kaum zu schultern. Das schreit regelrecht danach, neue Forderungen aufzustellen. Schließlich stehe ja schon im Koalitionsvertrag, dass man die flächendeckende Versorgung mit periodischen Presserzeugnissen gewährleisten wolle.
Und natürlich ist unsere FDP-Politikerin dafür, die Plattformen zu „regulieren“, um die „kommunikative Chancengleichheit“ zu erhalten. Dass auch die FDP mittlerweile dem allgemeinen deutschen Regulierungswahnsinn nachhängt, der im Grunde demokratieschädlich und eben eher nicht demokratiefördernd ist, ist enttäuschend. Die Zeiten, dass ich als CSU-Mitglied auch ab und an bei der Zweitstimme die FDP gewählt habe, dürften vorbei sein.
Plattformen müssen reguliert werden
Chancengleichheit sehe ich auch eher dann, wenn alle die gleiche Plattform nutzen, nämlich die digitale. Bubendorfer-Licht spricht von einer kurzen Dauer, bis die Sache im Bundestag durchgesetzt sei. Sie verkennt aus meiner Sicht den Sprengstoff, den eine staatliche Förderung von Medien mit sich bringt. Wir sprechen immer so gern und abwertend von staatseigenen Medien in aus unserer Sicht autokratisch regierten Ländern, schicken uns aber an, den gleichen Weg zu beschreiten.
Die Förderung zu kaschieren, in dem man sagt, dass sich diese ja nur auf das Zustellnetz beziehe, ist reichlich schwach. Kritiker werden jetzt um so mehr von „System-Presse“ und „Main-Stream“ sprechen. Die gleiche Regierung, die den Mindestlohn sukzessive auf 12 und 14 Euro erhöht und damit den wirtschaftlichen Druck eben auch auf die Finanzierung des Zustellnetzes verstärkt, möchte genau diesen Druck jetzt durch entsprechende Förderungen ausgleichen? Da beißt sich die Katze schmerzhaft in den eigenen Schwanz. Es ist der völlig untaugliche Versuch, an alten Traditionen festzuhalten. Aus IT-Sicht ist es völlig schwachsinnig, Daten, die elektronisch jedem (kostenlos oder kostenpflichtig) zur Verfügung stehen, zusätzlich auszudrucken.
Das Argument, dass 42 Millionen Bürger von gedruckten Zeitungen nicht bereit seien, auf eine elektronische Ausgabe umzustellen, ist völlig aus der Zeit. Warum sollten Bürger nicht bereit sein, durch Umstellung auf die digitale Version 15 Euro pro Monat einzusparen? Für mich schaut das eher danach aus, dass sich die Presse-Verlage mit dem Erhalt der Zustellnetze einen Wettbewerbsvorteil bei der älteren Kundschaft erhalten möchten. Aber selbst meine 78jährige Mama liest die Süddeutsche digital.
95% der Menschen nutzen das Internet, aber 42 Millionen wollen die Zeitung auf Papier?
Bleibt noch das Argument, es gäbe nicht flächendeckend und ausreichend Internet. Aber da sprach der Herr Stawiarski ja mit der Richtigen. Sie ist indirekt an jener Ampel-Koalition beteiligt, die Glasfaser in jedes Haus bringen möchte. Oder sieht der ovb-Verlag die Gefahr, eher pleite zu sein, als dass das „Glasfaser für alle“-Projekt umgesetzt ist?
Natürlich sehen die Zeitungsverlage ihre Felle davon schwimmen. Die private finanzielle Situation verschlechtert sich bei einem Teil der Deutschen. Aus meiner Sicht ist es genau der Teil, der kein abgezahltes Wohneigentum hat und somit einen Kredit oder eine Miete zu stemmen hat. Für alle anderen gibt es keinen Grund zum Jammern. Da ist der Spielraum für höhere Lebenshaltungskosten noch locker vorhanden.
Was tun also Familien, um höhere Kosten abzufedern. Sie überprüfen nicht die Einnahmeseite, weil sich da oft nichts machen lässt. Die Ausgabenseite gerät in den Fokus. Sie halten ihr Geld zusammen. Ganz oben auf der Liste möglicher Einsparungen stehen die monatlichen Abos. Auf eine Zeitung, Sky oder Amazon Prime kann man in angespannten Zeiten eher verzichten als auf Essen, das Auto, Strom oder Heizung. Die Zeitungen sollten daher schnell auf Digitalisierung setzen und alte Zöpfe abschneiden. Auch im Sinne der Umwelt. Und erzähle mir niemand, dass wir bei dem Arbeitskräftemangel in Deutschland auf die Arbeitsplätze schauen müssen, wenn wir aus Umweltschutzgründen die Druckereien nacheinander abschalten. Deutschland hat kein Problem mit der Arbeitslosigkeit. Deutschland hat ein Problem mit dem fehlenden Willen zur Veränderung.
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