Samstag, 03. August 2024, Gesellschaft: Urlauber sind nicht mehr überall willkommen.

Die Berichte häufen sich, dass man als Urlauber in manchen Urlaubsregionen in Europa nicht mehr so beliebt ist. In Barcelona wird ständig gegen die Touristenschwämme demonstriert. Macht uns nichts aus, dort waren wir schon zweimal. Mallorca hat ein ähnliches Thema. Macht uns auch nichts aus, wir waren schon dort.

Dubrovnik in Kroatien wäre ein lohnenswertes Ziel. Wir wissen aber, dass sich dort die Kreuzfahrtschiffe die Klinke in die Hand geben. Laut PNP kommen dort 27 Touristen auf einen Einwohner.

Mich wundert, dass die Zeitung einen so nichtssagenden Artikel schreibt. Zudem spricht derstandard von 36 Touristen pro Einwohner, bezieht sich aber ebenfalls auf die Holidu-Studie. Das sind seltsame Unterschiede bei der Darstellung der Zahlen. Hier ist das Ranking aber wenigstens in Listenform zu sehen. Wie beruhigend, dass wir in 21 der 35 aufgelisteten Städte bereits waren.

Verwunderlich ist, dass Monte Carlo nicht aufgeführt wird. Der hochpreisige Stadtstaat Monaco ist vielleicht ein Indiz dafür, wie es gelingen kann, das einfache Volk fernzuhalten: Einzig und allein über die Preise. Die haben uns zweimal aber nicht gestört.

Mich interessiert, wie die Tourismusmanager in betroffenen Orten wie z.B. Rhodos und Mallorca angesichts der Wasserknappheit, weiteren Themen wie dem Wohnungsmarkt und dem daraus resultierenden zunehmenden Zorn der Einheimischen in Zukunft die Balance zwischen notwendigem Business und Ressourcenschonung finden wollen. Der Bau immer größerer Kreuzfahrtschiffe ist sicherlich keine Lösung. Was wäre denn eine Lösung?

Echte Zukunftskonzepte? Mangelware.

Beim Recherchieren fand ich einen Artikel eines Zukunftsinstitutes. Das Erscheinungsdatum scheint der 05. April 2024 zu sein. Beim Lesen merkte ich aber, dass der Artikel mehr als 10 Jahre alt sein muss. Das Jahr 2011 lag in der Vergangenheit, das Jahr 2020 in der Zukunft. Und so entpuppte sich die Analyse jetzt, im Jahre 2024, als Werk von Phantasten. So prognostizierte das Institut für 2020 einen weltweiten Umsatz im Tourismus von 1,9 Billiarden US-Dollar. Eine aktuellere Prognose ging ein paar Jahre später von 712 Milliarden US-Dollar aus. Auf anstehende Umweltschutzprobleme ging die Studie überhaupt nicht ein.

2020 kam Corona. Die bittere Realität waren dann lediglich 447 Milliarden US-Dollar. Nach Corona war ich überzeugt davon, dass die Reisebranche nie wieder das Vor-Corona-Niveau erreichen kann. Ich nahm an, dass die zerstörten Strukturen z.B. in der Luftfahrtindustrie nicht wieder aufgebaut werden können. Das war ein Trugschluss. Die Reisebranchen brechen einen Umsatzrekord nach dem anderen. Ursache sind auch die aufstrebenden Schwellenländer, in denen sich eine zahlungskräftige Mittelschicht gebildet hat. Der weltweite Tourismus ist nicht mehr auf Good Old Europe angewiesen.

Eine neue Mittelschicht außerhalb Europas lässt die Gewinne sprudeln.

Weiter geht es mit den spärlichen konkreten Informationen aus dem PNP-Artikel. In Paris kommen noch sieben Touristen auf einen Einwohner. Ok, da waren wir schon, die Stadt können wir notfalls abhaken.

Venedig verlangt neuerdings Eintritt. Die Behörden dort haben allerdings bemerkt, dass fünf Euro lächerlich wenig sind. Der Eintritt könnte ab 2025 zehn Euro betragen. Die Gebühren helfen der Stadt sicherlich finanziell, haben aber keinerlei lenkende Wirkung. Touristen sitzt das Geld viel zu locker, als dass sie sich von zehn Euro abschrecken lassen. Wenn man die Touristenplage wirklich bekämpfen möchte, dann liegt die Einstiegsschwelle bei mindestens 25 Euro, ausnahmslos auch für Kinder. Bei 100 Euro für eine vierköpfige Familie könnte sich die Spreu vom Weizen eventuell trennen. Viel Hoffnung hätte ich aber auch dann noch nicht. Venedig ist ein viel zu starker Magnet für Menschen aus aller Welt. Ab fünfzig Euro pro Nase würde man sich sicherlich einiger europäischer Familien „entledigen“. Amerikaner, Kanadier, Chinesen und Japaner beeindruckt aber auch diese Gebühr noch nicht.

Eintrittsgebühren für Städte wirken irritierend, schrecken aber nicht ab.

Interessant ist, dass gerade heute ein Artikel in der Zeitung war, dass beim idyllischen Eibsee die Tagesparkgebühr auf 40 Euro steigen soll, weil die Zustände langsam chaotisch werden. Eine solch hohe Gebühr kannte ich bisher nur aus London. Meiner Erinnerung nach gab es 1994 in London nur eine einzige Tiefgarage, die man ansteuern konnte. Dort war der Preis astronomisch. Aber es gab für uns keine Alternative. Es war von vornherein ausgeschlossen, als Tourist in London einen günstigen Parkplatz zu finden. Es war ein Wunder, dass wir damals die Tiefgarage überhaupt fehlerfrei fanden, so ohne Navi, mit Linksverkehr und ohne jegliche London-Kenntnisse. Ich weiß noch, dass Christoph unbedingt auf die Tower-Bridge hochwollte. Aber wir wollten/konnten uns die Tickets damals nicht leisten. Wir griffen zu einem Instrument, welches wir unseren Kindern gegenüber keine dreimal angewandt haben: Notlüge. Wir erzählten ihm einfach, dass es schon spät und die Brücke schon geschlossen sei.

Jedenfalls haben hohe Parkgebühren, Demos gegen Touristen und Eintrittsgebühren mit Zukunftskonzepten nichts zu tun. Wir werden bei der Auswahl der Ziele in Zukunft genauer hinschauen. Wo man uns nicht haben will, da werden wir nicht hinreisen. Dann radeln wir eben nach Jettenbach oder Willaberg.


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