Der Plan ist, jeden Tag dieses phantastischen Urlaubs in einem eigenen Blog zu beleuchten. Stay tuned. Heute: Tag Vier.
Samstag, 05. Oktober 2024, Ägypten: Inlandsflug von Kairo nach Luxor.
Wir verabschiedeten uns von Kairo, ließen uns zum Flughafen transferieren und flogen nach Luxor. Der Flug dauerte nur eine Stunde. Und wieder war ein neuer Reiseleiter zur Stelle, um uns abzuholen. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass wir mit Ismail A. den besten Reiseleiter ganz Ägyptens „erwischt“ hatten. Mit dem gewohnten Toyota Hiace ging es direkt auf die Magic Nile.
Es sollte eine denkwürdige Woche werden. Denn wir hatten nicht nur den besten Reiseleiter, sondern auch die beste Crew. Wir wurden zu einem großen Team. Das ging jetzt nicht so weit, dass wir auf dem Schiff mitarbeiten mussten – aber wir fühlten uns jederzeit super geborgen und umsorgt. Diese durch und durch positive Atmosphäre kommt von ganz oben. Der Firmen-Inhaber von MTI, Nagy Hussein, ist nach allem, was wir gehört haben, ein Chef, wie er im Buche steht, und der zwei Ziele mit allem verfolgt, was in seiner Macht steht: Seine Mitarbeiter sollen sich wohlfühlen und ihren Job gern machen. Das zweite Ziel wird damit faktisch automatisch erreicht: Überaus zufriedene Gäste.
An diesem Tag legte die Magic Nile nicht mehr ab. Denn am nächsten Tag standen das Tal der Könige und der Felsentempel Hatschepsut auf dem Programm, und natürlich die Kolosse von Memnos.
Wir waren von Samstag bis Samstag auf dem Schiff, das über acht Doppelkabinen verfügt. Unser Grüppchen bestand aber nur aus sieben Leutchen. Der Aufenthalt auf der Dahabeya war entsprechend bequem. Ich glaube, dass der Veranstalter MTI aus Radebeul für die Reise samt Nilkreuzfahrt die Durchführung garantiert hat. Das Boot wäre somit auch mit noch weniger Gästen losgetuckert, wobei „tuckern“ der falsche Begriff ist. Zu unserer Überraschung hatte unsere Dahabeya gar keinen eigenen Antrieb. Stattdessen wurden wir von einem Schlepper gezogen. Das war angenehm. Die Schleppleine war geschätzte 40m lang, sodass wir keine Motorgeräusche hörten und auch keine Abgase einschnaufen mussten. Zu hören war freilich einer von zwei Generatoren. Sie wechselten sich bei der Arbeit ab. Unser Housekeeper sollte sich in dieser Woche selbst übertreffen…
Freitag, 04. Oktober 2024, Ägypten, Kairo, Ägyptisches Museum, Tag 3
Bei den Fahrten durch die Stadt war nicht immer erkennbar, wie ein Bau enden sollte.
Direkt am Tahrir-Platz liegt das legendäre Museum. Das Gebäude wirkt von außen beeindruckend. Drin findet man sich aber inmitten von 100 Jahre alten Ausstellungsschränken wieder.
Das wirkt etwas muffig. Aber der Erbauer…
…Auguste Mariettes hat damals alles gegeben, um ein schönes Museum zu erbauen. Was im Museum immer wieder klar wird, ist die Unvollständigkeit der Schätze. Die ausländischen Mächte wie Frankreich, England und Deutschland nahmen während der Ausgrabungs- und Kolonialzeiten damals alles mit, was nicht niet- und nagelfest ist. So finden sich des Öfteren in Tempeln oder Pyramiden Kopien z.B. von Altaren, während die Originale z.B. im Louvre aufgestellt sind. Meine klare Botschaft ist, dass alle Länder ihre Schätze an Ägypten zurückgeben sollten. Und diese Forderung ist nicht vergleichbar mit den Benin-Statuen. Denn in Ägypten könnte man sich sicher sein, dass die Schätze wieder an ihren Original-Plätzen aufgestellt würden, während die Benin-Statuen von der deutschen Regierung mit großem Tamtam zurückgegeben wurden, diese aber nun im Nichts verschwunden sind. Vielleicht überzeugt die Eröffnung des neuen ägyptischen Museums internationale Museen von der Logik, dass man die ägyptischen Schätze nun lange genug sein Eigen genannt hat. Sie müssen zurück nach Ägypten. Sie wären dort gut aufgehoben und gehören historisch auch dorthin. Wenn Berlin sein Pergamonmuseum wegen Renovierung bis 2027 schließt (einige Bereiche sollen gar bis 2037 geschlossen bleiben, dann könnte man auch den Pergamon-Altar abbauen und in die Heimat schicken, in dem Fall in die Türkei. Das hätte Sinn.
Viele Originale sind in europäischen Museen zu sehen. Ich fordere: Rückgabe an Ägypten.
Dem Besuch des Museums folgt der Spaziergang auf die Zitadelle…
…mit einem Superblick auf die Stadt, die trotz besten Wetters auch am Horizont nicht aufhören möchte. Wir schauten uns…
…noch eine Moschee an. Kurz vor 1600 durften wir auch noch einen Blick in die Synagoge werfen. Ich habe keine Ahnung, warum das Fotografieren dort drin verboten ist. Unser Guide ließ uns alleine in die Synagoge gehen. Trotz aller religiöser und gesellschaftlicher Offenheit, die uns stets begegnete, endet an diesem Punkt die ‚Freundschaft‘. Eine Synagoge betritt ein gläubiger Muslim offensichtlich nicht. In diesem Stadtteil drehte sich eine Menge um die Heilige Familie. Die Vorgänge vor über 2000 Jahren, mit der Wanderung von Maria und Josef, konnte man sich genau anschauen.
Anschließend war es so weit: Ausflug zum Basar mit gemütlichem Teetrinken und einem kleinen Imbiss.
Die Gemütlichkeit wurde jedoch massiv gestört, weil sich der Besuch unserer Gruppe in Sekundenschnelle auf dem Basar herumgesprochen haben musste. Die Verkäufer „attackierten“ und im Sekundentakt. Sie waren nicht bösartig. Sie akzeptierten ein Nein. Aber die Intensität war halt grenzwertig.
Diesen Stand sollten Europäer eher meiden. Der Fluch des Pharao ist andernfalls unvermeidlich. Wir kamen dann noch irgendwie auf die Idee, dass wir eine Schmuckwerkstatt besuchen könnten. Diese Flexibilität war kein Problem. Also steuerten wir eine echte Schmuckmanufaktur an.
Der hatte unsere Bestellungen bereits elektronisch entgegengenommen und war auf unser Kommen gut vorbereitet. Ich suchte mir ein Armband aus, mit von mir selbst ausgesuchten ägyptischen Schriftzeichen für 25 Euro. Was soll ich sagen. Hielt genau einen Tag, dann war der Verschluss defekt. Hier muss ich in Deutschland noch einmal „nach“-investieren. Wir wurden dann auch noch in einen Papyrus-Laden hineingeschleust. Mir war alles recht. Hauptsache, es war kein Teppichladen. Bezüglich Teppiche – in denen wir keinen Wert sehen und für die wir niemals Geld ausgeben würden – wurde ich dann aber eines Besseren belehrt.
Das ehemalige Gefängnis in der Nähe der Moschee.
Und immer wieder der Blick auf die Pyramiden, und Straßenkontrollen.
Auch in einem Hotelzimmer sollte der gläubige Muslim immer wissen, wo Mekka ist, damit er in die richtige Richtung betet.
Es gibt sehr gute Teppichmanufakturen
Mit dem Produzieren von Teppichen wird auch ein soziales Ziel verfolgt. Junge Frauen, die überhaupt nicht wissen, was sie mit ihrem Leben anfangen sollen, lernen hier die Herstellung hochwertiger Teppiche. Und was ich niemals geglaubt hätte: Die Absatzzahlen sind gut. Es gibt einen weltweit funktionierenden Markt für Teppiche. Besonders Gäste aus Fernost kaufen die Teppiche und lassen sie sich nach Hause schicken. Zwei Papyrusbilder nahmen wir mit. Vorher galt es aber, jegliches Verhandlungsgeschick an den Tag zu legen. Unser Guide hatte uns die notwendigen Tipps gegeben. Ich habe gestikuliert, was ich konnte, bin mir aber sicher, dass der final ausgehandelte Preis für den Ladenbesitzer immer noch ein großartiges Geschäft war. Man neigt dazu, es mit dem Verhandeln nicht wirklich ernst zu nehmen. Wo ist der Unterschied, ob ein Mitbringsel aus Kairo 25 oder 40 Euro kostet? Man steigt aber in der Anerkennung, wenn man sich auf das Verhandeln einlässt und das Spielchen bis zum finalen Handschlag mitspielt.
Donnerstag, 03. Oktober 2024, Ägypten, Kairo: Pyramiden, Tag 2
Der erste Ausflug führte uns bei großer Hitze zum Ramses-Museum. Insbesondere um Ramses II. wird ein ganz großer Hype gemacht.
Er wurde über 90 Jahre alt, was damals eine Sensation war. Man vermutet, dass in diesen Zeiten Inzucht an der Tagesordnung war, um das Blut reinzuhalten. Die alten Ägypter konnten zwar unfassbare Monumente erschaffen, auf die Idee, dass Inzucht genau das Gegenteil von gesundem Blut ist, kamen sie aber nicht. Ramses II. hatte offensichtlich die richtigen Gene. Tutanchamun z.B. hatte Pech und wurde nur 18 Jahre alt. Seine Mutter war verkrüppelt und seine zwei Töchter starben noch vor der Geburt.
Danach ging es weiter zur Stufenpyramide in Sakkara, die während der dritten Dynastie um 2650 vor Chr. von Imhotep für den Herrsccher Djoser gebaut wurde. Ich muss hier nicht ins Detail gehen. Wer sich für die Hintergründe interessiert, kann sie ergoogeln.
Am Nachmittag waren die drei großen Pyramiden dran. Ganz konnte man sich dem touristischen Treiben nicht entziehen. Man hätte ins Innere der Pyramiden gehen können, doch meinte unser Guide, dass drinnen nichts zu sehen ist. Einige von uns entschieden sich für Kamel-Reiten.
Ich ließ mich in einer Kutsche zu einem Aussichtspunkt fahren.
Der Blick auf die Pyramiden ist einzigartig.
Ohne Security geht aber gar nichts. Alle Touristen werden in den Eingangsbereichen von Sehenswürdigkeiten immer und ausnahmslos durchleuchtet und die Taschen ebenso. Eintritte sind auch niemals kostenlos. Bei unserer Reise wurde aber alles durch den Reiseführer bezahlt. Die Kosten waren für uns im Reisepreis enthalten. Die Frage lautet, wie MTI (Magic Travel International) bei seinem Pricing der beste Anbieter sein kann. Wir hatten keine ähnliche Reise zu einem besseren Preis gesehen. Der Fokus lag aber nicht darauf, Geld zu sparen, wo es nur geht. Uns hatte die Struktur der Reise überzeugt: Erst Kairo, dann Nil-Kreuzfahrt, und am Ende vier Tage Badespaß in Hurghada – gewissermaßen als Ausgleich für die Strapazen, wobei das Verhältnis von anstrengenden Besuchen und Entspannung immer bestens war, besonders auf dem Nil. Aber ich bin ja schon wieder geistig zu weit vorn. Wir sind immer noch in Kairo.
Die Sphinx sahen wir von Weitem. Uns fielen in Kairo die vielen alten VW-Bullies auf.
Ich kenne mich zwar nicht aus, aber sie waren alle von einem Typ, eher fünfzig als vierzig Jahre alt, und sie fuhren alle mit offener Motorklappe herum, wie diese Uraltbusse auch. Sie waren auch immer bis auf den letzten Platz gefüllt. Wohlgemerkt, wir sprechen nicht von Taxis. Aber 12 bis 15 Menschen konnte ich in diesen VW-Bussen immer zählen. Außer den Uralt-VW‘s sahen wir keine deutschen Autos, obwohl deutsche Marken hochgeschätzt werden. Aber nur die absolute Oberschicht kann sie sich leisten. Sie war offensichtlich nicht zu den Zeiten und an den Orten unterwegs, als wir es gerade waren.
Was man aber sieht, sind deutsche Reisebusse. Sie haben immer noch die deutschen Kennzeichen, die aber durch ägyptische Kennzeichen überklebt sind. Das deutsche Kennzeichen ist noch klar erkennbar, was Absicht ist. Die Unternehmen, die diese Busse besitzen, sind stolz auf die deutsche Herkunft und möchten das zeigen.
Ohne Klimaanlagen in Räumen und in Autos geht nichts. Die Ägypter können ohne die Klimaanlagen nicht leben und wir als Touristen noch viel weniger. Die ungewohnte Dauerberieselung durch die kalte Luft führte bei mir umgehend zu einer extrem starken Erkältung, die mich den ganzen Urlaub hindurch begleitete und auch nicht abklang. Der Fluch des Pharao kam noch hinzu. Beide Gebrechlichkeiten waren aber zum Aushalten. Ich musste bei den Ausflügen nicht aussetzen. Das liegt auch daran, dass auf die Infrastruktur in Ägypten Verlass ist. Wann immer ich das Gefühl hatte, dass ich sanitäre Anlagen benötige, waren sie verfügbar und im besten Zustand.
Die Farben, die sich über Jahrtausende gehalten haben, sind phantastisch.
Stets präsent sind diese Tuktuks.
Die Häuser sind nicht so alt, wie sie ausschauen, so um die fünf bis zehn Jahre.
Wir sehen unseren Tour-Guide in Kairo. Nein, er singt oder hört hier nicht die ägyptische Nationalhymne. Er deutet an, wie die Pharaonen stets dargestellt werden, mit gekreuzten Armen. Die rechte Hand liegt auf dem Herz als Zeichen, dass Pharaonen ein großes Herz für ihr Volk hatten. Die linke Faust liegt auf der rechten Brust. Das demonstriert Macht und Stärke.
Und so ging auch Tag Zwei vorbei.
Mittwoch, 02. Oktober 2024, Ägypten, Flug von München nach Kairo, Tag 1
Die Frage, wie sicher es für Touristen in Ägypten ist, beantwortete sich in dem Moment, als wir in Kairo die Air-Egypt-Maschine verließen, die Gangway hinuntergingen und ägyptischen Beton-Boden betraten. Es umwehte uns sofort der Hauch von Ramses II. und Nofretete. Wir atmeten einmal tief durch und wussten, dass uns der beste Urlaub bevorsteht, den man sich vorstellen kann. Wir sprechen von einem Urlaub der Superlative. Dabei hatten wir riesiges Glück, schon am 2. Oktober geflogen zu sein. Am 3. Oktober war auf dem Münchner Flughafen der Teufel los. Angeblich bildete sich vor den Sicherheitskontrollen eine 2km lange Schlange, weil ein Teil des Personals den Feiertag wohl etwas zu wörtlich genommen hatte. Den Flug zu verpassen, wäre höchst verdrießlich gewesen. 750 Menschen ereilte dieses fatale Schicksal.
Das Bild oben zeigt den Bildschirm im Flieger mit dem Anflug auf Kairo. Finde den Fehler. Ich löse auf: Befindet sich nicht südlich von Beirut Israel? In der Tat. Hätte man da nicht zumindest Jerusalem als Hauptstadt Israels einblenden müssen? Tel Aviv hätte es auch getan, wenn man Israel unbedingt ärgern möchte, weil die UN und viele andere Länder – darunter auch Deutschland und Ägypten – Jerusalem nicht als Hauptstadt anerkennen. Stattdessen überdeckt „Amman“ als jordanische Hauptstadt halb Israel. Ein Schelm ist, der denkt, dass diese Landkartengestaltung reiner Zufall ist.
Urlaub trotz Terrorgefahr? Nein. Alles entspannt.
Natürlich erinnert sich der gut informierte deutsche Tourist an den Terroranschlag vor dem Felsentempel Hatschepsut im November 1997, als sechs radikale muslimische Terroristen in Polizeiuniformen und mit schweren Sporttaschen alle Sicherheitskontrollen problemlos passieren konnten und vor dem Tempel 62 Touristen mit Kalaschnikows und Messern abschlachteten. Alle Terroristen wurden noch am gleichen Tag vom ägyptischen Militär eliminiert. Es gab weitere Terroranschläge, die Ägypten und die Reisebranche immer wieder erschütterten. Dennoch fühlt man sich als Tourist in Ägypten sehr gut aufgehoben. Die Ägypter wissen, dass der Tourismus die Lebensversicherung für das Land ist. Es ist keine wertlose Beruhigungspille, zu wissen, dass ganz Ägypten auf seine Touristen aufpasst.
Als einzige Sicherheitsmaßnahme hatte ich die vier Airtags zusammengesucht und auf die Koffer verteilt, um diese notfalls orten zu können. Zu irgendetwas müssen die Dinger ja gut sein. Nach dem Flug mit Egypt Air wurden wir auf dem Kairoer Flughafen sofort von der Reiseleitung in Empfang genommen. Ohne Hilfe wäre vermutlich schon das Zahlen der Visumgebühren (25 Euro pro Mensch) zu einem unüberwindlichen Hindernis geworden.
Fahrt vom Flughafen zum ‚Pyramids-Hotel am Steigenberger‘ zeigt Kairos Spielregeln auf den Straßen.
- Regel Nr.1: Es gibt keine Regeln.
- Regel Nr.2: Es gibt Optionen.
- Option 1, einmal Hupen bedeutet: Ich fahre neben dir.
- Option 2, zweimal Hupen bedeutet: Ich überhole.
- Option 3, dreimal Hupen bedeutet: Frust
Option 3 haben wir nicht erlebt. Und wir sind einige Male mit Kleinbussen – immer Toyota Hiace – unterwegs gewesen. Es geht das Gerücht um, dass Toyota im Wesentlichen für den ägyptischen Markt produziert.
Interessant ist, dass es in Kairo keine einzige Verkehrsampel gibt. Mit ungläubigem Staunen steht der deutsche Tourist vor der Situation, dass der Verkehr dennoch staufrei funktioniert. Die Vorstellung, in München um 02.00 Uhr in der Nacht nicht mehr an einer völlig vereinsamten Kreuzung bei Rot anhalten zu müssen, ist einfach grandios. Man kann einem Ägypter die Verkehrssituation in Deutschland nicht schildern, ohne vor Scham über die eigene Borniertheit im Boden zu versinken. Er würde es aber eh nicht glauben. Man kann aber glauben, dass der Verkehr genauso dicht ist, wie in Deutschland. Er entspannt sich ein wenig, wenn hier und da ein Eselsgespann auftaucht. Das kann in einer Stadt, bei der niemand weiß, ob in ihr 22 oder 25 Millionen Menschen leben, schon einmal vorkommen.
Auch kommen abends, nach getaner Arbeit, die Kamele von den drei großen Pyramiden zurück.
Für den regelbefreiten, fließenden Verkehr in Kairo kann man Ägypten nur gratulieren.
Verkehrsampeln? Nicht in Kairo.
Es gibt in Kairo große Magistralen. Falls sich jemand fragt, wie die Menschen bei völliger Abwesenheit von Fußgängerüberwegen, Zebrastreifen oder Fußgängerampeln überhaupt die Straße überqueren können, dann ist die Antwort einfach und verblüffend: Die Menschen suchen sich eine kleine Lücke zwischen zwei Autos und gehen los. Sie überqueren die Fahrbahn zügig, aber nicht hektisch. Die Autofahrer sind rücksichtsvoll und würden einen Fußgänger niemals anhupen – und schon gar nicht umfahren.
Auf den Straßen sind viele Menschen mit klapprigen Motorrädern unterwegs. Die Höchstanzahl von Menschen, die ich auf solchen Gefährten zählen konnte, waren fünf oder sechs. Das Tragen von Helmen ist in Kairo komplett unbekannt. Gibt es Fahrräder? Nur vereinzelt.
Wo will das Kamel hin? Richtig. Es biegt rechts in den schattigen Hauseingang ab und erholt sich von den Touristen – bis der Trott am nächsten Tag wieder beginnt.
Ägypten wird immer ein Schwellenland bleiben. Schilder für Geschwindigkeitsbegrenzungen gibt es nicht. Stattdessen sind aller 300m Schwellen auf den Straßen, die die Autos bis auf Schrittgeschwindigkeit herunterzwingen. Wie löst man bei dichtem Verkehr und weitgehend ohne Verkehrsschildern das Linksabbiegeproblem? Ganz einfach. Es gibt auf den Hauptstraßen keine Linkabbiegespuren. Es gibt stattdessen U-Turns.
U-Turns statt Linksabbiegespuren
Das Pyramids-Hotel liegt strategisch sehr günstig. Man schaut sowohl auf die drei großen Pyramiden als auch auf das neue Ägyptische Museum. An ihm wird schon seit dreißig Jahren gebaut. Stuttgart 21 und der BER lassen grüßen. Der Ägypter sieht das pragmatisch und begründet wie folgt: Der Deutsche hat die Uhr, der Ägypter hat die Zeit.
In Kairo sollten wir die nächsten drei Tage bleiben. Ich erkläre aber schnell noch, wie die Sache mit dem Backschisch funktioniert. Es wird immer und überall erwartet, und sei die erbrachte Gegenleistung noch so gering. Wegen der Höhe müssen wir zunächst die Verdienstmöglichkeiten beleuchten. Hier gibt es für die normalen Schichten einen engen Korridor von 280 bis 320 Euro. Der Umrechnungskurs beiträgt etwa 1:50. Für den Gang zur Toilette sollte man schon 15 bis 25 Pfund dabeihaben. Die Sache ist für uns Deutsche irritierend, doch gewöhnt man sich daran. Unsere Grundregel dafür lautet bei jedem Urlaub: Wenn wir das Personal heute bei Laune halten, dann wird sich ein zufriedenes Personal auch morgen noch rührend um die nächsten Gäste kümmern.
Preisschock für die Einheimischen.
Generell müssen die Ägypter extreme Preisanstiege verkraften. Ein Liter Benzin hat einmal 1 Pfund gekostet. Heute sind es 15. Eine einfache Medizin kostete vor wenigen Monaten noch fünf Pfund, heute 50. Ein Kilogramm Reis kostet 34 Pfund, vor wenigen Monaten: 7 Pfund. Wie lösen die Ägypter das Problem? Durch Zweitjobs. Der Lehrer geht morgens oder am frühen Nachmittag in die Schule und arbeitet abends im Hotel. Die Schulen arbeiten wegen zu vieler Schüler im Zweischichtensystem.
Die Logik, dass man einen All-Inklusive-Urlaub gebucht hat und die Ägypter einen mit solchen Kleinigkeiten wie Trinkgeldern doch lieber in Ruhe lassen sollten, funktioniert nicht. Allein für die ständig fälligen Backschischs haben wir in den vierzehn Tagen sicherlich 50 bis 80 Euro ausgegeben. Im Gegenzug sind die Ägypter alle überaus freundlich. Das Servicepersonal ist entweder von Haus aus so freundlich, oder es steht in deren Arbeitsverträgen. Ich glaube an Option 1.
Im morgigen Blog (Tag 2 der Reise) hagelt es dann massenhaft Bilder.
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