Samstag, 19. Oktober 2024, Bundestag debattiert Menopausenstrategie.

Die Nachricht blitzte auf X auf, und ich war geistig zunächst völlig fehlgeleitet. Ich dachte, dass es darum geht, die langen Bundestagssitzungen öfter zu unterbrechen, damit Damen wie Tessa Ganserer mehr Zeit für Körperpflege haben. Weit gefehlt. Es geht viel mehr um eine „Nationale Menopausenstrategie nach internationalem Vorbild“.

Strukturiert wie ich bin, gab ich im google folgenden Suchbegriff ein: „Welche Länder haben eine Menopausenstrategie?“ Erwartete hätte ich mir einfache Antworten wie: Frankreich, Dänemark, USA. Tatsächlich fand google keine Antwort. Anschließend befragte ich chatgpt. Das einzige Land, welches dieses Thema bisher wirklich ernsthaft angepackt hat, ist Großbritannien. Offensichtlich hat GB alle Brexit-Probleme vollumfänglich gelöst. Und nach der Pflicht kommt die Kür. Man kann sich dann mit solchen Nischenthemen beschäftigen. Glückwunsch an GB.

In Deutschland schaut es anders aus. Bei uns brennt es politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich an allen Ecken lichterloh. Deutschland sollte deshalb eigentlich wichtigere Themen auf der Agenda haben. Aber die Aussicht, neue Planstellen zu schaffen, ist zu verlockend. Denn Großbritannien hat eine Menopausenbotschafterin ernannt. Das klingt überragend gut. Man kann also auch in Deutschland eine weitere Bundesbeauftragte (für Menopausen) schaffen, nebst einem ganzen Mitarbeiterstab, mit einem ordentlichen Budget.

Stimmungsschwankungen? Kenne ich.

Was steht in dem Antrag konkret drin? Die gesundheitlichen Auswirkungen der Wechseljahre seien vielfältig und reichten von Blutungsstörungen, Stimmungsschwankungen, Hitzewallungen, Schweißausbrüchen und Schlafstörungen bis hin zu langfristigeren Folgen wie Osteoporose und kardiovaskulären Risiken. Viele betroffene Frauen würden infolge der Symptome pauschal mit Burnout diagnostiziert und falsch behandelt. Betroffene erlebten zudem, dass Symptome heruntergespielt oder falsch zugeordnet werden. Die Menopause habe ökonomische und soziale Folgen, die über die individuellen gesundheitlichen Beschwerden der Frauen hinausgehen. Fachleute hätten bestätigt, dass die Frauengesundheit im betrieblichen Gesundheitsmanagement erst seit wenigen Jahren ein Thema geworden ist. Eine Umfrage zeige, dass die Wechseljahre ein Tabuthema im betrieblichen Arbeitskontext seien. Deshalb seien das Thema Wechseljahre in das betriebliche Gesundheitsmanagement aufzunehmen und Arbeitgeber zu sensibilisieren, Frauen in den Wechseljahren müsse die Möglichkeit gegeben werden, ihre Arbeitsbedingungen anzupassen. (hau/pk/18.10.2024)

Alles viel zu unkonkret. Ich gehe gleich einen Schritt weiter und fordere: Umwandlung der Hitze bei Hitzewallungen in nutzbare Energie zu Gunsten des Klimaschutzes. Oder doch gleich: Abschaffung der Menopause.

Eine Welt ohne Menopause – Utopie oder Albtraum?

Denn gestern war es wieder soweit. Der 18. Oktober, der Tag, an dem die Menschheit einen tiefen Atemzug nimmt und einen universellen Moment der Anerkennung für jene Lebensphase feiert, die von allen gefürchtet und doch unausweichlich ist – die Menopause. Ja, der Weltmenopausentag ist da. Was für ein denkwürdiges Ereignis, das uns erneut daran erinnert, dass auch die Biologie ihren ganz eigenen schwarzen Humor hat.

Stellen wir uns eine Welt ohne die Menopause vor. Eine Welt, in der Frauen nie mit Hitzewallungen ringen, die ihnen das Gefühl geben, mitten in der Sahara zu sein, während sie doch nur im Supermarkt nach Milch greifen. Wo keine Frau mehr das Phänomen erleben muss, nachts gleichzeitig zu frieren und zu schwitzen, als ob ihr Körper sich spontan für einen Thermo-Marathon qualifiziert hätte.

Aber Moment mal, würde das überhaupt besser sein? Was wäre das Leben ohne diese lehrreichen, ja geradezu spirituellen Momente, in denen man die Hormon-Achterbahn fährt? Ganz ehrlich, die Menopause ist doch die Zeit, in der Frauen lernen, multitaskingfähig zu sein: Hitzewallung und eine Konferenz leiten? Kein Problem. Knochenschmerzen, während man versucht, die Familie zu organisieren? Leicht gemacht.

Man denke auch an uns Männer.

Was wären wir ohne das herrliche Privileg, nie genau zu wissen, ob die Ehefrau vor Wut glüht oder ob es nur eine weitere Hitzewallung ist? Diese Ungewissheit hält die Beziehung frisch.

Nicht zu vergessen die Pharmaindustrie, die die Damen zu dieser glorreichen Zeit des Lebens mit Wundermitteln, Tabletten, Tees und Cremes versorgt. Sollte die Menopause verschwinden, müsste man plötzlich echte Krankheiten behandeln – wie langweilig wäre das denn?

Am Weltmenopausentag sollten wir uns also nicht beklagen. Stattdessen sollten wir feiern, dass wir Teil einer Generation sind, die die Menopause endlich mit dem Respekt behandelt, den sie verdient. Immerhin, wer sonst hat die Möglichkeit, eine Lebensphase zu erleben, die uns nicht nur heiß macht, sondern auch eiskalt erwischt?

Man fragt sich, wie die Welt überhaupt in den letzten 10.000 Jahren ohne Weltmenopausentag und ohne Menopausenstrategie klargekommen ist.

Also, auf die Menopause.

Die einzige Zeit im Leben, in der man(n) gelernt hat, auf einen Wutausbruch gelassen zu reagieren, weil er sich nicht sicher ist, ob es wirklich eine Meinung ist oder ob einfach nur die Hormone sprechen.

Ich verortete diesen Bundestagsantrag reflexartig im links-grünen Komplex – und wurde enttäuscht. Eingereicht hat diesen Antrag die CDU. Ich habe dann im google gesucht, ob es wenigstens humoristische Kommentare zu diesem Thema gibt. Fehlanzeige. Das Internet überbietet sich mit Ernsthaftigkeit. Um satirische Meinungen zu finden, musste ich mich wieder auf X konzentrieren.

Wir degenerieren vom Land der Dichter und Denker zum Land der Menopausenstrategen. Wer in Zukunft eine politische Position bekleiden will, muss immer auf folgende Frage eine Antwort parat haben: Wie ist Ihre Menopausenstrategie? Was haben Sie Frauen in der Menopause zu bieten?

Was wird wohl der ägyptische Zöllner gedacht haben, als ich ihm letztens meinen deutschen Pass vor die Nase gehalten habe? Vermutlich: Noch so ein Gespinnerter.


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