Der ovb-Bericht vom Freitag las sich zunächst locker und zielführend. Keine Einwände, bis dann Neumarkt-Sankt Veit ins Spiel kam, das in der Bauplanung auf nicht eingehaltene Abstände zur Wohnbebauung hingewiesen hatte. Ferner sei die Trassenführung abgelehnt worden. Jetzt wäre es sinnvoll gewesen, uns zu sagen, ob die Einwände gehört wurden und die Trassenführung geändert wurde. Diese Antwort bekommen wir nicht. Viel mehr müssen wir zwischen den Zeilen lesen. Gerade weil der ovb die Antwort schuldig bleibt, dürfen wir schlussfolgern, das die Einwände und Ablehnungen aus der Neumarkter Oberverwaltung rein gar nichts gebracht haben. Man hätte sich wichtigen Themen zuwenden können.
Schmunzeln verursacht die Aussage, TenneT verfolge eine langfristige Investitionsstrategie. Wer meinen Beitrag weiter unten aus dem Juni liest, der erkennt, das TenneT eigentlich keinen einzigen Euro mehr in Deutschlands Netze investieren wollte. Liebend gern hätte TenneT die deutschen Netze abgestoßen. Der verengte ovb-Blick lässt eine solche, tiefer gehende, Recherche/Berichterstattung aber nicht zu.
Ich halte es für eine verfehlte Wirtschaftspolitik, wenn ein niederländisches Unternehmen ein so wichtiges Thema wie die deutschen Energienetze in den Händen hat. Grundsätzliche Themen wie Strom, Wasser, Bahn und Straßen gehören in Staatshand und nicht in die Hand börsennotierter Unternehmen, die ihren Aktionären mehr verpflichtet sind als dem Gemeinwohl.
Bei den Zahlen sind wir uns auch nicht ganz einig. In meinem Beitrag lagen die Investitionskosten noch bei 100 bis 110 Milliarden Euro. Im ovb-Bericht sind es 160 Milliarden x 60% = 96 Milliarden. Kaum zu glauben, dass irgendwelche Kosten in Deutschland sinken.
In der vergangenen Woche habe ich ehrfürchtig an einem Brot gegessen, das 5,30 Euro gekostet hat. Das ist happig, um im Essens-Jargon zu bleiben. Wir rücken nur deshalb von gewohnten Standards nicht ab, weil wir zwei Verdiener sind und keine Miete zahlen müssen. Andernfalls – könnte ich mir vorstellen – kämen da evtl. Überlegungen auf, den Konsum zu überdenken.
Gestern war der ovb dann wieder in seinem Element und im gewohnten Fahrwasser: Nostalgische Kegelbahn.
Mittwoch, 05. Juni 2024: Politik: TenneT will/wollte seine Hochspannungsnetze verkaufen.
Die niederländische Firma TenneT hatte 2010 von EON das Hochspannungsnetz gekauft. Einer der wichtigsten Grundpfeiler unserer Stromversorgung – unsere Stromtrassen – waren seither in ausländischer Hand, in dem Fall der niederländische Staat. Der hatte jetzt nicht mehr allzuviel Bock darauf, die Transformation des links-grünen Komplexes in Deutschland vorzufinanzieren. Der nachvollziehbare Schritt war somit, an die deutsche Politik heranzutreten, um das Hochspannungsnetz doch an diejenigen zu verkaufen, die von sich behaupten, doch ganz genau zu wissen, wie Transformation funktioniert und wie es zu finanzieren ist. Bei ungefähr 100 Milliarden Euro Investitionsbedarf (laut T-online) bzw. 111 Milliarden Euro (laut Handelsblatt) allein für die nächsten Jahre wurde es TenneT scheinbar etwas schwummrig vor den Augen.
Investitionskosten in deutsche Netze in den nächsten zehn Jahren: 100 bis 110 Milliarden Euro.
Weil der ganze Umbau und Ausbau des deutschen Stromnetzes an allen Ecken und Enden nur schleppend vorangeht, hätte man doch davon ausgehen müssen, dass der links-grüne Komplex das Hochspannungsnetz mit Kusshand zurück- und damit die Kontrolle übernimmt.
Und was macht die deutsche Bundesregierung? Sie lässt die Verhandlungen einfach scheitern. Und jetzt kommt das Beste. Alle Plattformen, die über das Scheitern berichten, geben nur die Floskel weiter, dass aus der Meldung nicht hervorgehe, woran und warum die Verhandlungen gescheitert sind. Keine Plattform gibt sich Mühe zu recherchieren, was die Gründe sind. Müssen wir nicht wissen. Hauptsache wir gehen zur Wahl.
Deutschland lässt Verhandlungen scheitern.
Nun, dann mutmaßen wir eben. Ich schätze, dass die Verhandlungskommission angesichts der im Raum stehenden Investitionssummen völlig überraschend vom Stuhl gefallen sind. Niemand hat es daraufhin geschafft, bei Finanzminister Lindner nach dem Geld zu fragen. Man hätte ihm ja auch noch zusätzlich verklickern müssen, dass es nicht nur um die 100 Milliarden Euro für die nächsten zehn Jahre geht, sondern auch noch um die Kleinigkeit der Kaufsumme in Höhe von geschätzten 25 Milliarden Euro. Dann lässt man die Sache lieber scheitern.
TenneT hat zumindest für dieses und nächstes Jahr genügend Geld, weil der niederländische Staat mit Krediten eingesprungen hat. Ach ja stimmt. Das wäre dann die dritte Kostensäule. Rückzahlung der Kredite. Man merkt, wie das ganze Transformationsthema im Staub zerfällt. Ich habe schon seit langer Zeit Indizien dafür, dass nicht etwas die Atomkraftwerke unsere Leitungen verstopften, sondern eher das Gefühl, dass die Hochspannungsleitungen und die Umspannwerke selbst das Problem sind. Wir machen es am Fall Oranienburg fest.
Oranienburg ist kapazitativ am Ende.
Oranienburg erklärte im April 2024, dass das Stromnetz seine Kapazitätsgrenze erreicht habe. Weder könnten Neukunden aufgenommen werden, noch sei der Anschluss von Wärmepumpen oder die Schaffung von Ladeinfrastrukturen für E-Autos möglich. Auch neue Gewerbe- und Industrieflächen könnten derzeit nicht an das Netz angeschlossen und mit Strom beliefert werden. Sackgasse, im besten Deutschland aller Zeiten. Wie hat Oranienburg reagiert? Der Vertrag mit Stadtwerke-Geschäftsführer Alireza Assadi wurde aufgelöst. Kluge Lösung, weil damit sofort alles viel besser wird.
Oranienburg ist keine Ausnahme. Die Google-Suche nach der Begrifflichkeit „Umspannwerke an Kapazitätsgrenze“ liefert massenweise Treffer.
Bundesnetzagentur hat eine überaus kluge Antwort auf die Probleme.
Laut t-online.de gab es eine Anfrage des RBB an die Bundesnetzagentur, die erklärte, dass der Netzbetreiber grundsätzlich dazu verpflichtet sei, Anschlussbegehrende an ihr Netz anzuschließen. Mangelnde Kapazitäten seien kein Grund für eine Ablehnung. Netzbetreiber hätten ihr Netz vorausschauend zu ertüchtigen, um grundsätzlich Problemen mit mangelnder Kapazität vorzubeugen.
Das hilft ungemein weiter.
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