Dienstag, 12. November 2024, Politik: Treppenhausdiplomatie rettet Demokratie.

Da habe ich heute nicht schlecht hingehört. WeLT-TV erklärte uns heute, wie einfach man gestern Abend die Demokratie gerettet hat. In einem separaten Treppenhaus, das im Bundestag das Büro des Unionsfraktionsvorsitzenden mit dem einen Stock tiefer liegenden Büro des SPD-Fraktionschefs verbindet, sollen Merz und Mützenich die Vertrauens- und Neuwahl-Frage ausgeknobelt haben.

Es interessiert niemanden, dass dass Grundgesetz hier eine andere Abfolge vorsieht. Eigentlich müsste der Noch-Bundeskanzler den Termin für die Vertrauensfrage festlegen. Mangels dem richtigen Gespür war er nicht in der Lage, einen vernünftigen Termin rauszuhauen.

Was macht die AfD bei der Abstimmung zur Vertrauensfrage?

Ich würde so lachen, wenn die AfD dem ganzen Gekungel einen Strich durch die Rechnung machen würde und bei der Vertrauensfrage für Scholz stimmt. Die rot-grünen-Koalitionäre können ja eigentlich schlecht dem Bundeskanzler und somit sich selbst das Misstrauen aussprechen. Zusammen mit der AfD hätte man eine (ungewollte) Mehrheit von 403 Stimmen, bei 739 Abgeordneten. Was wäre das für ein Spaß. Ein Bundeskanzler, der mittels AfD im Amt bleibt. Der gesamte Bundestag wäre am Ende mit seinem Latein. Scholz müsste sofort zurücktreten und würde gleichzeitig mit dem Zeigefinger auf Merz deuten, weil dem das gleich Dilemma bevorsteht.

Denn was geschieht eigentlich, wenn nach den Neuwahlen Merz zum Kanzler gewählt werden soll und die AfD für ihn stimmt? Schon in Thüringen hatte es die AfD geschafft, im dritten Wahlgang plötzlich Thomas Kemmerich von der FDP zum kurzzeitigen Ministerpräsidenten-Posten zu verhelfen. In demokratischer Manier hatte damals Bundeskanzlerin Angela Merkel diese demokratische Wahl als „unverzeihlich“ bezeichnet und angekündigt, dass man dass „rückgängig machen müsse“ und „man daran arbeite“. Meldet sie sich nächstes Frühjahr mit der gleichen Aussage wieder? Das sind die Vorkommnisse, warum ich die Merkel-Zeit mittlerweile kritisch sehe.

Was macht die AfD bei der Neuwahl des Kanzlers im nächsten Frühjahr?

Ich bin mir sicher, dass die AfD für Merz stimmen wird. Lehnt Merz dann die Wahl ab? Merz müsste eigentlich wissen, was auf ihn zukommt. Das konstruktive Misstrauensvotum hat Merz vermieden, um sich nicht mit Stimmen der AfD zum Kanzler wählen zu lassen. Aber er hat den Paukenschlag nur hinausgezögert. Zur konstituierenden Bundestagssitzung im nächsten Frühjahr steht genau das gleiche Problem wieder vor der Tür. Es rächt sich für die CDU/CSU, trotzig und wider besseren Wissens an der Brandmauer gegen die AfD festzuhalten. Man kann das Unwohlsein bei der CDU/CSU jetzt schon spüren. Merz könnte bereits jetzt Farbe bekennen und uns sagen, wie er diese prekäre Situation umschiffen möchte.

Das damalige und eben auch das derzeitige Politikverständnis werden im Netz stark kritisiert. Wie ich finde: Zu recht. Wir steuern auf eine politisch wirklich interessante Phase zu. Für das Bekenntnis zur Demokratie folgt jetzt die Nagelprobe. Mit Sprechblasen kommt man ab jetzt nicht mehr weiter.


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