Die heutige ovb-Ausgabe beschäftigt sich mit dem Trainermangel im Allgemeinen und dem Trainermangel beim TSV Neumarkt-Sankt Veit im Besonderen.
Ein flammender Appell war es nicht gerade, was ich heute früh im ovb gelesen habe. Man zuckt mit den Schultern und hat Verständnis. Man könnte aber noch hier und da Trainer vertragen. Aber wer „stelle“ sich schon heutzutage noch in die Halle, wenn man bequem „auf dem Kanapee“ sitzen kann. Man zahle Trainern ohne Übungsleiterschein acht Euro bzw. zehn Euro, wenn man die Ausbildung gemacht hat.
Tatsächlich sollte man sich nicht einfach nur die Halle „stellen“. Es gehört schon ein gerütteltes Maß an Engagement und Energie dazu, wenn man sich für den Nebenjob des Trainers entscheidet. Und niemals sollte man einen neuen Trainer einfach so auf Kinder und Jugendliche loslassen. Da gehört mindestens ein eintägiger Crash-Kurs dazu, wo es aber überhaupt nicht um Sport geht, sondern um den Umgang mit Kindern und den Umgang mit Eltern, um Rechte und Pflichten. Dazu gehört auch: Wie organisiere ich mich? Wie kommuniziere ich? Und es müssen Wahrheiten auf den Tisch. Eine davon ist, dass 50% der Arbeit auf dem Sportplatz stattfinden und die anderen 50% am Schreibtisch.
Ein mindestens eintägiger Crash-Kurs sollte Pflicht sein.
Ein fehlender Crash-Kurs am Anfang meiner Trainerzeit führte auch zu manchem Fehlverhalten. Ich mache es an einem Beispiel fest. Als ich 2007 Trainer wurde, fühlte ich mich jung und fit. Selbstverständlich habe ich mit den F-Fußballern mitgekickt. Erst der Prüfer bei der Lehrprobe (2018) monierte, dass ich bei der Durchführung der Prüfungs-Trainingseinheit den Kindern einen Fallrückzieher gezeigt hatte. Ich hätte einen der Fußballer den Fallrückzieher demonstrieren lassen müssen. Die Begründung war so überraschend wie einleuchtend: Wenn mein Versuch schiefgegangen wäre, hätte ich für alle Zeiten den Respekt der Kinder verloren. Solche und ähnliche Tipps hätte ich ganz am Anfang gebraucht.
Und dann – so führt der ovb-Redakteur aus – gäbe es ja noch die Übungsleiterpauschale von 3.000 Euro. Was zunächst mal nach einer Menge Geld klingt, entpuppt sich bei den Vereinen letztlich als Nullnummer. Wie schaut die Realität aus?
Übungsleiterpauschale von 3.000 Euro
Es ist nicht unrealistisch, dass ein Verein 40 Trainer hat, denn schon ein Fußballabteilung braucht 15 bis 20 Trainer. Man müsste somit 120.000 Euro an die Trainer auszahlen. Das kann sich kaum ein Verein leisten. In der Realität läuft es oft darauf hinaus, dass man das Geld möglichst zurückspendet. Es bleibt somit die Steuerersparnis durch die Angabe der Spenden in der Steuererklärung.
Rentnern wiederum hilft diese Steuerersparnis nur, wenn sie überhaupt Einkommenssteuern in dieser Höhe zahlen müssen und eine Einkommenssteuererklärung abgeben.
Steuerlich lässt sich – je nach Steuertabelle – ungefähr ein Drittel „gewinnen“, also ungefähr 1.000 Euro. Bei 50 Wochen und drei Events pro Woche kommt man als Fußballtrainer auf 150 Einsätze pro Jahr. Jeder Einsatz, der mit Vor- und Nachbereitung immer mehrere Stunden dauert, wird somit mit etwas weniger als sieben Euro pauschal vergütet. Findet das Event auswärts statt, verschwinden die sieben Euro direkt im Tank. 1.000 Euro als Entschädigung sind somit eher nichts.
Ich erinnere mich daran, dass ich die Einladungen für Hallenturniere übernommen hatte. Für die Telefonate und den Schriftverkehr gingen sicherlich 30 Stunden an unsichtbarer Zeit drauf. Die Nervenanspannung kam noch hinzu.
Beim Thema Ausbildung hätte der ovb-Bericht ein wenig ins Detail gehen müssen. Es ist keineswegs zwangsläufig so, dass man für seine Trainerausbildung seinen Urlaub opfern muss. Ich selbst habe die umfangreiche Ausbildung zum Jugend-C-Trainer gemacht, ohne einen einzigen Tag Urlaub nehmen zu müssen. Alle Lehrabende fanden abends oder am Wochenende statt. Aber es gab/gibt sie, die Trainerausbildungen, bei denen der eigene Urlaub aufgewendet werden muss, z. B. in der Leichtathletik. Das ist bitter.
Interessant wäre ein finanzielles Stufenmodell. Ein Verein könnte zum Beispiel den Spartenbeitrag höher gestalten, wenn die Trainer ausgebildet sind. Dort, wo man keine ausgebildeten Trainer im Einsatz ist, fällt der Spartenbeitrag geringer aus. Die Wertschätzung der Trainer würde sich verändern. Die Eltern zahlen mehr oder weniger, dürfen aber auch mehr erwarten, oder weniger.
Über das Phänomen, dass nach Neumarkt-Sankt Veit ziehende Familien der Bezug zum Sportverein fehle, können wir auch noch kurz sprechen. Das liegt in der Tat an Neumarkt-Sankt Veits Status als „Schlafstadt“. Es gibt keinen Grund, eine nüchterne Wahrheit als Phänomen zu bezeichnen. Wer als Arbeitnehmer pendelt, weil es bei uns wenig Arbeitsplätze gibt, der kann aus zeitlichen Gründen eher keinen Bezug zu unserer Stadt aufbauen und gleich gar nicht zu einem Sportverein. Und wer es versucht, kann auch schon mal scheitern.
Deshalb habe ich meinen Trainerschein zwar schon zweimal verlängert, verfolge das Treiben auf den Fußballplätzen aber mit gebührendem Abstand. Es ist beruhigend zu wissen, dass man könnte, wenn man wöllte, aber nicht mag.
Der ovb hätte die bayerische Ehrenamtskarte erwähnen können, die es seit 2011 gibt, und die einige Vorteile bringt:
- Vergünstigungen bei Eintrittspreisen staatlicher Einrichtungen wie Museen, Burgen, Schlösser und der Seeschifffahrt
- Vergünstigungen beim Besuch von Kultur- und Freizeiteinrichtungen
- Rabatte bei verschiedenen Anbietern und Einrichtungen (zum Beispiel Schwimmbäder, Apotheken, Friseursalons, Hotels und vieles mehr)
- Verlosungen für Inhaberinnen und Inhaber der Bayerischen Ehrenamtskarte
Ich habe diese Karte nie gehabt. Ich wusste das damals gar nicht. Solche Dinge fallen für mich in die Inhalte eines Crash-Kurses ganz am Anfang jeder Trainer-Karriere.
Discover more from Michael Behrens
Subscribe to get the latest posts sent to your email.