Sonntag, 15. Dezember 2024, Lokales: Neue Abwassergebühren.

Alle Neumarkter dürften das gleiche dreiseitige Schreiben (datiert auf den 02.12.2024) bekommen haben. Die wichtigen Informationen fasse ich kurz zusammen:

  • Abwassergebühr steigt ab dem 01.01.2025 von 2,81€ auf 3,94€ pro Kubikmeter Wasser
  • Berechnung durch externes Fachbüro
  • Festsetzung für den Zeitraum 01.01.2025 bis 31.12.2027 (auf Nachfrage bei der Oberverwaltung korrigiert auf 31.12.2028)
  • Begründung: Sanierung/Neubau der Kläranlage
  • Kosten: rd. 8,8 Mio Euro
  • Abrechnungsperiode wird an das Kalenderjahr angepasst.
  • Nicht in Betracht gezogene Finanzierungsmethode: Einmalige Verbesserungsbeiträge.
  • Bereits festgelegte Bescheide für 2025 sind aufgehoben.

Damit können wir das Dokument schließen und uns umgehend den einzelnen Punkten widmen.

Abwassergebühr steigt ab dem 01.01.2025 von 2,81€ auf 3,94€ pro Kubikmeter Wasser

Die Erhöhung kommt zunächst einmal unverdächtig daher. Die Sanierung der Kläranlage kostet Millionen. Alles wird teurer. Wer, wenn nicht wir Einwohner, soll die Zeche zahlen?

Berechnung durch externes Fachbüro

Hier wird es schon interessanter. Im ovb-Bericht vom 04.10.2023 sprach der ovb von einem Gesamtdeckungsaufwand von 2,247 Mio Euro und einer jährlichen Einleitungsmenge von 267.000 Kubikmeter, was „nach den Berechnungen Menzels“ zu einer Einleitungsgebühr von 2,81€ pro Kubikmeter führt, logischerweise ganz ohne die Betrachtung der Sanierungskosten für die neue Kläranlage.

Externes Fachbüro statt Excel

So wurde es dann auch beschlossen. Jetzt, nur ein Jahr später, benötigt man für eine ähnliche Berechnung plötzlich ein externes Fachbüro. Wie das? Der Unterdeckungsaufwand hat sich doch lediglich von 2,247 auf mindestens 8,8 Mio Euro erhöht, zuzüglich ein paar weiterer Variablen wie z.B. Laufzeit und Zinsen für die Schuldenaufnahme. Ich bin mir sicher, dass die Excel-Kenntnisse des Kämmerers ausgereicht hätten, die Berechnung aus dem letzten Jahr – garniert mit ein paar weiteren Variablen – zu wiederholen. Warum tut man es nicht? Man hat fast den Eindruck, man möchte die Verantwortung ein wenig abschieben, so nach dem Motto: Für die Erhöhung können wir jetzt wenig, kommt alles von einem externen Fachbüro.

Zinssatz, Laufzeit?

Was uns das Fachbüro gekostet hat, müssen wir – man ahnt es – nicht wissen. Noch weniger erfahren wir, zu welchem Zinssatz und mit welcher Laufzeit die Schulden aufgenommen wurden. Die Berechnungsgrundlage bleibt im Dunklen. Hätte man in der Bürgerversammlung nach Einzelheiten fragen können? Eher nicht. Am 21.11.2024 war die letzte Stadtratssitzung. Ein Besuch der Veranstaltung hätte vermutlich nichts gebracht. Aus dem Sitzungskalender ist nicht erkennbar, dass die Entscheidung im öffentlichen Teil fiel. Laut Sitzungskalender gab es gar keine öffentlichen Punkte.

Kein ovb-Bericht zur Gebührenerhöhung

Wann kam der ovb-Bericht zur Abstimmung über die Gebührenerhöhung? Gar nicht, zumindest habe ich keinen gefunden. Stattdessen berichtete der ovb in seiner Ausgabe vom 27.11.2024 über die Finanz- und Verwaltungsausschusssitzung, die schon am 12.11.2024 stattfand. Die Wasser- und Abwassergebühren würde man nicht weiter erhöhen. Man passe nur den Abrechnungszeitraum an das Kalenderjahr an. Die Aussage ist ein wenig unverständlich, segnete doch der Stadtrat laut Gebührenerhöhungsschreiben vom 02.12.2024 nur neun Tage nach der Finanzausschusssitzung am 21.11.2024 eine Erhöhung auf 140% ab.

Ein Schelm, der sich jetzt denkt, dass die Oberverwaltung den ovb nicht zeitnah darüber berichten ließ, um Bürgern nicht die Gelegenheit zu geben, sich mit fundierten Fragen ordentlich auf die Bürgerversammlung vorzubereiten.

Festsetzung für den Zeitraum 01.01.2025 bis 31.12.2027

Man könnte meinen, dass man durch diesen langen Zeitraum in den nächsten vier Jahren vor Erhöhungen sicher ist. Dem ist nicht so. Wiederum verweise ich auf den ovb-Bericht vom 4.10.2023. Auch da wurden die Gebühren bis 31.12.2025 festgelegt, was sich nun – in 12/2024 – als überholt erweist.

Im Schreiben, das wir alle bekommen haben, ist aus meiner Sicht ein Fehler drin, denn dort heißt es: „Die Gebühr ist für vier Jahre bis Ende 2027 festgesetzt werden.“ Wenn ich mich nicht täusche, sprechen wir bei einem Zeitraum vom 01.01.2025 bis 31.12.20227 nur von drei Jahren. Richtig ist: Festsetzung bis Ende 2028.

Sanierungskosten: 8,8 Millionen Euro

In der schon herangezogenen ovb-Ausgabe aus Oktober 2023 führt der Kämmerer aus, dass man die Kosten für die Kläranlage in Form von Abschreibungen erst berücksichtigen werde, wenn die Baumaßnahme fertiggestellt ist und kündigte Gebührenerhöhungen für 2026 an.

Jetzt wäre mir neu, dass die neue Kläranlage bereits fertig wäre. Die Kläranlage befindet sich weiter im Bau. Dennoch rückt man von der Erhöhung in 2026 ab und zieht sie auf 2025 vor, ohne freilich die finalen Gesamtkosten schon wissen zu können. Wir fühlen uns schmerzhaft an die Stadtplatzsanierung erinnert.

Aus sieben Millionen werden 8,8 Millionen Euro

In der ovb-Ausgabe vom 10.10.2023 war noch von Kosten in Höhe von sieben Millionen Euro die Rede. Ein Jahr später sind es schon 8,8 Mio Euro. Den Anstieg erklärt man uns freilich nicht. Wer sagt uns, dass die 8,8 Mio Euro für die Kläranlage eine belastbare finale Zahl ist? Warum setzt man dennoch die Erhöhung für vier Jahre fest? Warum begrenzt man die Erhöhung nicht auf ein Jahr, schenkt uns reinen Wein an und sagt uns, dass man sich wegen der vielen Unwägbarkeiten Ende 2025 erneut Gedanken um die neuen Beträge macht? Das wäre um einiges ehrlicher.

Abrechnungsperiode wird an das Kalenderjahr angepasst.

Hat wahrscheinlich Sinn. Macht die Sache übersichtlicher.

Nicht in Betracht gezogene Finanzierungsmethode: Einmalige Verbesserungsbeiträge.

Warum hat man diese Möglichkeit nicht näher beleuchtet? Deutschland hat im Jahr 1950 die erste Milliarde D-Mark an Schulden aufgenommen. Es folgte ein Wirtschaftswunder mit hohen Steuereinnahmen. Das lasse ich mir eingehen. Die Schuldenaufnahme für das Klärwerk hat auf uns Neumarkt-Sankt Veiter aber überhaupt keinen wirtschaftlich positiven Effekt. Wir schleppen die Schulden lustig durch die Gegend und übergeben Sie mit einem kleinen „viel Glück“ an die nächste Generation. Im konkreten Fall hätte ich für eine Verbesserungsumlage optiert, um mit den Wassergebühren nicht auch noch die Zinsen für die Bankschulden mitfinanzieren zu müssen.

Machen wir uns doch einmal Gedanken, wie das Finanzkonstrukt aussehen könnte, dessen Basiswerte wir nicht wissen. Aber wie man weiß, bin ich gut im Reimen, im Zusammenreimen. So stelle ich mir das vor:

Die Tabelle schaut insgesamt nachvollziehbar aus. Ja, so könnte es sein. Kritik wegen eventueller Denkfehler nehme ich aber gern entgegen.

Wie verändert sich die Einleitungsmenge über die Jahre?

Mit höheren Kosten werden die Haushalte sparsamer. Der Verbrauch sinkt. Andererseits steigt die Anzahl der Haushalte durch Neubauten. Der Verbrauch steigt. Ich würde sagen, dass sich die Einnahmen leicht erhöhen.

Wenn meine angenommenen Zahlen ab Zeile 12 halbwegs stimmen, kann ich nur sagen, dass ich als Privatperson ein Projekt in dieser Weise niemals finanzieren würde.

Zwei Dinge sind bemerkenswert. Der Kämmerer war für die Jahre 2023-2025 von Betriebskosten in Höhe von 2,5 Mio Euro ausgegangen, also 833.333,33 Euro pro Jahr. Meine schlauen Tools sagen für eine Kommune unserer Größe etwas anderes.

Kostenbestandteile

  • Personalkosten (Betrieb, Überwachung und Wartung): ca. 50.000–100.000 Euro
  • Energiekosten (Pumpen, Belüftungssysteme, Maschinen): ca. 30.000–60.000 Euro
  • Chemikalien (Reinigung und Behandlung des Abwassers, z. B. Flockungsmittel): ca. 10.000–20.000 Euro
  • Entsorgungskosten (Klärschlamm): ca. 15.000–30.000 Euro
  • Instandhaltung und Reparaturen (Wartung): ca. 15.000–25.000 Euro
  • Verwaltungskosten und sonstige Ausgaben (Versicherungen, Verwaltung, Gebühren): ca. 10.000–20.000 Euro

Selbst die maximalen Zahlen ergeben summiert nur 255.000 Euro, nicht aber 833.333,33 Euro. Dennoch muss das Missverhältnis kein Widerspruch sein. Die jetzige Kläranlage ist alt und somit wartungsintensiv. Ob wir ab dem Jahr 2028 (oder schon eher) mit weiteren Gebührenerhöhungen rechnen müssen, wird sich somit hauptsächlich an den Betriebskosten festmachen. Und hier sind die Energie- und die Personalkosten entscheidend.

Was natürlich äußerst bitter ist, ist die Höhe der Zinszahlungen (3,75 Mio), womit ich auf die Vorteile einer Verbesserungsumlage zurückkomme. Das würde einmal schmerzen und dann nicht mehr. Ab jetzt aber ständig und immer wieder vom hohen Schuldenstand Neumarkt-Sankt Veits hören zu müssen, wird die nächsten 30 Jahre schmerzen.

Was könnte man mit den gesparten 3,75 Mio Zinsen so alles finanzieren.


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1 Kommentar zu „Sonntag, 15. Dezember 2024, Lokales: Neue Abwassergebühren.“

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