Samstag, 05. April 2025, Medien: ARD wird 75 Jahre.

Eigentlich wollte ich mir die Sendung heute gar nicht anschauen. Aber es war dann doch recht lustig, die ganzen historischen Highlights zu sehen. Zu Gast war z.B. Patrick Duffy, der den Bobby Ewing in „Dallas“ spielte. Es war wahrscheinlich reiner Zufall, dass ich die erste Folge im ARD sah, die am 30. Juni 1981 ausgestrahlt wurde. Ab diesem Zeitpunkt war der Dienstag um 21.45 Uhr geblockt. Tatsächlich musste aber der West-Empfang passen. Die Zeiten der „Gemeinschaftsantenne“ waren noch nicht gekommen. Der Empfang konnte schon recht grieselig sein, oder es war schlicht unmöglich, ARD zu schauen.

Ein paar Jahre später wurde dann die besagte Gemeinschaftsantenne auf dem Dach installiert. Ganz offiziell. Das Regime erlaubte das Schauen des Westfernsehens. Mir ist bis heute nicht klar, warum. Jegliche Versuche, uns in der „DDR“ zu manipulieren, bzw. auf „Linie“ zu bringen, mussten somit scheitern. Wer regelmäßig Westfernsehen schaute, glaubte den Quatsch, den die „Aktuelle Kamera“ ausstrahlte, nicht mehr. Die „Partei“ vertraute offensichtlich der Stasi, die den Laden schon auf immer und ewig – gegen den Willen der Bevölkerung – zusammenhalten würde. Hat nicht geklappt.

War damals Product Placement schon am Start?

Zurück zum Film: Ich habe mich schon damals gewundert, wie oft im Film Drinks konsumiert wurden. Dafür wurde in der Serie nie geraucht. Die Lebensart und der gezeigte Luxus waren faszinierend. Kann eine solche Serie einen Menschen, der zu dem Zeitpunkt in der „DDR“ mehr oder weniger eingesperrt war, verändern? Unterschwellig sicherlich. Das Zeigen des Landes, der Hochhäuser, der Stadt Dallas – das war faszinierend. Ich konnte nicht ergoogeln, ob es für die Serie bereits ein aktives Product- bzw. Location-Placement gab.

Schon damals war mir unverständlich, warum das „DDR“-System der Meinung war, dass ich niemals in die USA reisen dürfe und woher die eigentlich das Recht nahmen, mir das vorzuschreiben. Ich war zu prowestlich eingestellt, um das zu akzeptieren. Wenig später begannen dann auch die Diskussionen in der Familie und der Verwandtschaft darüber, dass man die „DDR“ eigentlich verlassen muss. Es wurde immer ernsthafter. Es ging letztlich nur noch um das wie und wann und die möglichen Konsequenzen und Repressalien.

Unseren Ausreiseantrag gaben wir bei den Behörden am Montag, dem 18.02.1985 ab. Am 15.02., also drei Tage vorher hatte ich offiziell ausgelernt. Irgendwie waren wir in der Familie zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Beruf für mich wichtig sei, wenn wir in den Westen gehen. In der Rückbetrachtung war das richtig, auch wenn wir damit eventuell den Ausreisezeitpunkt nach hinten verschoben haben. Wir wissen bis heute nicht, ob die Herren von der „Abteilung Inneres“ uns schon erwartet hatten.

Ich habe die 23 Jahre Lebenszeit im Osten gut verkraftet – glaube ich. Wichtig zu erwähnen: Die „NVA“ blieb mir erspart. Für diese Sache war ich zu frech und zu aufmüpfig. Ich wäre regelmäßig im „Bau“ gelandet. Ich weiß noch, dass eine Lehrerin in der Schule meinte, dass der Armeedienst (18 Monate) jungen Männern nicht schaden würde. Ich habe da nichts dazu gesagt, mir aber meinen Teil gedacht, denn mein Papa hatte eine ganz andere Meinung zu dem Thema. Verschwendung von Lebenszeit.

Ich kann mich noch an den Tag meiner Musterung im Alter von 15 oder 16 Jahren erinnern. Der Musterung konnte niemand entgehen. Wie vom Papa vorausgesagt, nahmen mich die Uniformträger von einem Podium aus in die Mangel. Sie saßen leicht erhöht, während ich vor ihnen strammzustehen hatte. Das Ziel war, mich davon zu überzeugen, dass ich mich zu einem dreijährigen „Dienst an der Waffe“ verpflichte. Ich war von zu Hause aus aber zu gut gebrieft worden. Ich stand das „Gespräch“ durch, auch wenn der Tonfall der Gegenseite immer rauer wurde. Letztlich wurde ich sozusagen in „Unehren“ aus dem Verhörraum raus und wieder nach Hause geschickt. Die Lektion war gelernt. Es gab Möglichkeiten, das Regime zu ärgern. Ich machte davon dann noch mehrmals Gebrauch.

In der Berufsschule ging es gleich in den ersten Tagen zu den Direktoren. Wieder ein Einzelgespräch. Pflichttermin. Ich sollte – wie jeder in der Klasse – in die DSF (Deutsch-Sowjetische Freundschaft) und die GST (Gesellschaft für Sport und Technik) eintreten. Ich lehnte ab. Das konnten die gar nicht fassen und wurden pampig. Half aber nichts. Einmal Nein, immer Nein. Damit wurde in der Klasse der Durchschnitt nicht erreicht, um „Kollektiv der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft“ zu werden. Darauf hin wurden einfach die Vorgaben geändert.

Im ersten Berufsschulklassenjahr 1982/1983 sollte die ganze Schule eine Resolution gegen den Nato-Raketen-Doppel-Beschluss unterschreiben. Unser Philosophie-Leher ließ so nebenbei das Unterschriftenblatt durch die Bänke durchreichen. Es unterschrieben die wenigsten. Es lief nicht so, wie sich das unsere Lehrer vorgestellt hatte. Das war natürlich ein Affront. Ich feixte in mich hinein und freute mich, dass andere Schüler das Thema zunächst ausdiskutieren wollten. Meine hämische Freude muss er bemerkt haben. Er wurde pampig und nahm die Klasse – und mich im Besonderen – verbal in die Mangel. Daraufhin unterschrieben die allermeisten Berufsschüler in meiner Klasse. Ich blieb standhaft.

Tempi passati – längst vergangene Zeiten. Heute würde ich mir „Dallas“ übrigens nicht mehr anschauen. Die Serie hat ihren Glanz verloren. Behalten wir sie in guter Erinnerung. Das genügt.


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2 Kommentare zu „Samstag, 05. April 2025, Medien: ARD wird 75 Jahre.“

  1. Hans-Georg Schade

    Lieber Michael ich glaube die Musterung waren in dem Alter noch nicht damals in unserer Republik
    Grüße aus Norderstedt

    1. Ich kann mich definitiv an zwei Termine erinnern, der eine war in Freiberg, definitiv in der Schulzeit, in der Brückenstraße beim Wehrkreiskommando, der andere Termin während der Berufsausbildung. Ich weiß nicht mehr, wie sich diese Termine nannten, vielleicht war die echte Musterung tatsächlich erst in „Karl-Marx-Stadt“.

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