Freitag, 26. Januar 2024, Das Entsorgungssystem des Landkreises: Top. Das Entsorgungssystem des Dualen Systems (gelbe Säcke): Flop.

Worum bitte ich hier auf meiner Seite gebetsmühlenartig immer wieder? Bitte nicht an unserem nahezu perfekten Entsorgungssystem rütteln. Restmüllabholung? Funktioniert. Grüne Tonne? Funktioniert. Wertstoffhof? Funktioniert bestens, auch wenn ich letztens unsere alte Kühlbox nicht losgeworden bin. Das lässt sich aber verkraften.

Und wer hat jetzt so kräftig am Entsorgungssystem gerüttelt, dass es nicht mehr funktioniert? Das Duale System Deutschland. Wir erinnern uns: Wir zahlen für unsere Kunststoffverpackungen einen Obolus an der Ladentheke. Dieser Obolus wird weitergereicht an das „DerGrünePunkt/Duales System“. Und die nehmen dann das Geld und sorgen für das Einsammeln der gelben Säcke/Tonnen und das Recyclen der Inhalte. Klingt vom Ansatz her vernünftig. Ist es auch. Mein Konzept wäre somit: Never touch a running system, oder in Sachen Finanzen auch „leben und leben lassen“. Und das hätte bedeutet, dass die Firma Wurzer weiterhin zuverlässig und pünktlich unsere gelben Säcke einsammelt, damit diese bei Wind nicht allzulange durch die Gegend fliegen – und dies fair bezahlt. Was aber spricht häufig gegen die Weiterführung funktionierender Systeme? Richtig: Das Vergaberecht der EU. Ich musste echt schmunzeln, als ich einen Blick auf Haufe.de bezüglich der Schwellenwerte für die Pflicht von EU-weiten Ausschreibungen warf.

EU-Schwellenwerte 2020/2021

– für Bauleistungen und Konzessionsvergaben bei 5,350 Mio. EUR,
– für allgemeine Aufträge oberster und oberer Bundesbehörden bei 139.000 EUR
– für Aufträge besonderer Sektorenauftraggeber bei 428.000 EUR
– im Übrigen bei 214.000 EUR

EU-Schwellenwerte 2022/23

– für Bauleistungen und Konzessionsvergaben bei 5,382 Mio. EUR
– für allg. Aufträge oberster/ Bundesbehörden bei 140.000 EUR
– für Aufträge besonderer Sektorenauftraggeber bei 431.000 EUR
– im Übrigen bei 215.000 EUR

Die EU – man kennt sie – hatte somit umfangreich geprüft und kam zu dem sensationellen Ergebnis, die Obergrenze für sonstige Ausschreibungen von 214.000 auf 215.000 Euro anzuheben. Glückwunsch für diese bahnbrechende Entscheidung. Dafür haben wir sie – unsere EU. Jetzt könnte ich ein wenig aus dem Nähkästchen über die Praxis und der Aushebelung dieser Schwellwerte berichten, in der Auftraggeber per Definition große Projekte so zerpflücken, dass sie unter diesen Werten bleiben, um eine europäische Ausschreibung bzw. eine Ausschreibung gänzlich zu vermeiden. Wer möchte schon ernsthaft eine Ausschreibung mit dem Ergebnis rausgeben, dass der Gewinner eine rumänische Firma ist, die irgendwo hinter den Karpaten angesiedelt ist. Aber wer weiß. Vielleicht würde das Einsammeln der gelben Säcke mit einer rumänischen Firma sogar funktionieren. Im Moment jedenfalls funktioniert es nicht.

Was war geschehen? Im Landkreis Mühldorf wurde die Firma Wurzer  gegen die Firma Dolgeimer ausgetauscht, überspitzt gesagt vermutlich deshalb, weil die neue Firma „drei Euro günstiger“ ist. Ob es eine Ausschreibung war, oder nicht – wen interessiert’s. Wer nach Wurzer googelt, stößt im Netz schnell auf Ungereimtheiten. Kann schon mal vorkommen, dass Firmen unter personellem und finanziellen Druck nicht ganz sauber arbeiten. Passiert in den vornehmsten Familien.

Jedenfalls hat die Firma Dolgeimer den Job seit 01.01.2024 übernommen, und was passiert im besten Deutschland aller Zeiten? Es wird nichts besser. Die gelben Säcke blieben schon mehrmals liegen und sorgen für Unmut. Der richtet sich wie immer gegen das Landratsamt. Das LRA kann aber überhaupt nichts dafür, weil es gar keine Vertragsbeziehung zur Firma Reclay und deren Subunternehmer Dolgeimer gibt. Die Pflicht zur Entsorgung erwächst aus meiner Sicht allein aus der gesetzlichen Logik. Da aber zumindest eine temporäre Lösung hermuss, hat das LRA schnell reagiert und einen Container auf dem Wertstoffhof aufgestellt. Ich behaupte, dass das auch die Lösung für die Zukunft ist. Wir entsorgen die grüne Tonne ja auch schon an zentralen Sammelstellen und beschweren uns nicht. So ein gelber Sack ist zwar ein wenig unhandlich, aber ich hängte mir halt die grüne Tonne rechts an den Fahrradlenker und den gelben Sack links. Das Fahrrad blieb somit im Gleichgewicht. Den Radweg an der Rott entlang bis zum Wertstoffhof checkte ich nebenbei auf Tonnentransportfähigkeit, denn manche haben ja eine gelbe Tonne, anstatt gelber Säcke. Sie müssen dann halt die gelbe Tonne geschickt hinten an das Fahrrad binden. Wo ist das Problem?

Das hätte sogar einen Vorteil. Sobald ein gelber Sack (oder die gelbe Tonne) voll ist, kann ich ihn sofort entsorgen und muss ihn nicht irgendwo im Haus/Schuppen/Garage aufbewahren, bis der Abholtermin da ist. Für mich kann das mit dem Container so bleiben. Heute gab es allerdings auch da ein Thema. Jedenfalls war ich frohen Mutes, als ich in einer Regenpause zum Wertstoffhof radelte. Aber ach. Der Container für die gelben Säcke war voll und abgedeckt. Nicht mehr ganz so gut gelaunt radelte ich wieder heim. Für den gelben Sack war es ebenfalls eine… Zerreißprobe. Auf der Elsenbacher Straße radelte ich dann noch zu allem Überfluss in ein Gebüsch, weil sich Lenker, grüne Tonne und mein rechtes Knie verhakten und ich auf dem Gehweg fuhr. Gott sei Dank. Wäre ich auf der Straße gefahren, wäre ich gegen den Bordstein geknallt und hätte einen Salto hingelegt, was erhebliche Auswirkungen auf den gelben Sack und meine grüne Tonne gehabt hätte. Aber ansonsten ist der Anfang für das neue Abfallentsorgungssystem in Neumarkt-Sankt Veit gemacht.

Insgesamt wünsche ich mir inständig, dass es weiterhin noch Müllmänner gibt, die diesen Job erledigen und hoffe, dass sie dafür gut bezahlt werden. Es ist aber davon auszugehen, dass die Personalprobleme nicht besser werden. Im Geiste sehe ich den Container am Wertstoffhof für die gelben Säcke als Dauerlösung. Es dürfen dann aber ruhig zwei oder drei sein.

Landshut ist schon einen Schritt weiter als der Landkreis Mühldorf, hat der Firma Dolgeimer das Abholen der gelben Säcke untersagt und arbeitet an einer anderen Lösung. Ich verstehe nur nicht, wie Landshut „den Vertrag auflösen“ konnte (ovb von heute), während das LRA Mühldorf mitteilt, dass es gar keinen Vertrag gibt. Kann das in Landshut und Mühldorf unterschiedlich geregelt sein? Das glaube ich nicht. Ich glaube, dass sich der ovb missverständlich ausgedrückt hat. Deshalb bleibe ich eher beim Begriff „untersagt“. Aber: Trotz genauem Studiums des ovb-Artikels bleibt mir im Verborgenen, wer hier mit wem ein Vertragsverhältnis hat.

Wenn die Firma Reclay im ovb davon spricht, alle rechtlichen Möglichkeiten auszunutzen, dann wird das weder zur einer urplötzlichen Personalaufstockung noch zu einer schnelleren Reparatur von Fahrzeugen bei der Firma Dolgeimer führen. Sollte die Firma Dolgeimer wegen Nichteinhaltung von Verträgen mit Schadensersatzforderungen überzogen werden, könnte das das vorzeitige Ende sein. Die ausgespannte Firma Wurzer wird das ganze Drama wohl genüsslich aus der Ferne betrachten und sich sagen: Leute, das hätten wir euch vorhersagen können, wie das ausgeht.

Auf jeden Fall ist das Gelbe Elend in unserer Stadt und dem ganzen Landkreis ein Riesenthema. Zwar gibt es die Bitte, die auf der Straße herumliegenden gelben Säcke bis zum nächsten Abholtermin der Umwelt und der Sauberkeit willen wieder ins Haus zu holen, doch klappt dies natürlich nur in Privathäusern. Vor den Miethäusern türmt sich gewissermaßen das gelbe Elend zu großen Bergen auf. Sizilien lässt grüßen.


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