Letztens war ich auf dem Neumarkt-Sankt Veiter Bahnhof unterwegs. Ich hatte ein wenig Zeit und spazierte (döste) so vor mich hin. Und plötzlich geschah es. Versagende Beine, Schweißausbruch, einsetzende Panik, Verfolgungswahn. Irgendetwas in der näheren Umgebung hatte mich getriggert. Und da war es. In der Fensterscheibe. Das mich mein Leben lang verfolgende Ausrufezeichen. Und dies gleich in fünffacher Ausführung, quasi inflationär. Kein Wunder, dass ich einer Ohnmacht nahe war.
Ich konnte meinen Blick dann aber doch von den verhassten Ausrufezeichen lösen, konzentrierte mich auf den Inhalt und hatte prompt die nächste Irritation. Was ist der Unterschied zwischen einem Fahrschein und einer Fahrkarte? Und wie passt hier mein Deutschland-Ticket ins Bild? Ist das Deutschland-Ticket eher ein Fahrschein oder eine Fahrkarte, oder nichts von beiden?
Die punktgenaue Übersetzung von „Fahrschein oder Fahrkarte“ in „ticket or ticket“ ist der exzellente Höhepunkt dieses Hinweis-Bloadls. Ich sehe ihn vor mir, den Amerikaner, der nach dem Besuch unseres historischen Stadtkerns auf den berühmten Triebwagen VT628 wartet. Bei der Warteraumkontrolle fragt der Warteraumkontrolleur: Do you have a ticket or a ticket? Die Antwort könnte dann eine Gegenfrage sein: „Hey dude, what’s wrong with you?“
Das Ausrufezeichen: Zweifellos das deutscheste unter den deutschen Schriftzeichen. Gehorsam einfordernd, die personifizierte Anklage, nach dem Prinzip: Haben Sie den Satz links neben mir auch wirklich verstanden? Nehmen Sie beim Lesen gefälligst Haltung an. Was fällt Ihnen ein, so lethargisch und geistesabwesend vor mir zu stehen. Werden Sie gefälligst wach. Wiederholen Sie das Gelesene. Laut und deutlich. Und denken Sie daran: Ich bin immer da. Ich lasse mich nicht abschaffen. Ich bin der ewige Stachel in Ihrem Fleisch.
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